Treffen der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen in Leipzig

Versöhnen, Streiten, Provozieren

Nur etwa alle sieben Jahre tritt die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen zu ihrer Generalversammlung zusammen - in diesem Jahr in Leipzig. Die Reformierten planen dabei die Annäherung an das Luthertum.

Autor/in:
Johannes Süßmann
Denkmal des Schweizer Reformators Ulrich Zwingli / © Gion Pfander (epd)
Denkmal des Schweizer Reformators Ulrich Zwingli / © Gion Pfander ( epd )

"Lebendiger Gott, erneure und verwandle uns" - unter diesem Motto kommen ab diesem Donnerstag rund 1.000 Delegierte christlich-reformierten Glaubens aus 100 Ländern zu einem zehntägigen Treffen in Leipzig zusammen.

Treffen nur alle sieben Jahre

Und das ist wahrlich kein häufiges Ereignis: Nur rund alle sieben Jahre tritt das höchste Gremium der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, die Generalversammlung, zusammen. Der Dachverband vertritt weltweit rund 230 Kirchen mit etwa 80 Millionen Gläubigen - und ist damit eine der größten protestantischen Vereinigungen der Erde. Ihren Sitz hat die Weltgemeinschaft seit rund drei Jahren in Hannover.

Anders als etwa die Lutheraner, die theologisch in direkter Nachfolge des Wittenberger Reformators Martin Luther (1483-1546) stehen, wurzelt die Lehre der Reformierten vor allem in der Schweiz.

Sie beziehen sich unter anderem auf die dortigen Reformatoren Ulrich Zwingli (1484-1531) aus Zürich und Johannes Calvin (1509-1564), der in Genf wirkte. Wichtige Merkmale sind die zentrale Bedeutung der Predigt und ein striktes Gleichheitsprinzip: Hierarchien lehnen Reformierte ab.

Exkursion nach Wittenberg

Dass man sich anderen konfessionellen Strömungen dennoch annähern möchte, zeigt die Agenda der diesjährigen 26. Generalversammlung. Für den 5. Juli planen die Delegierten eine Exkursion nach Wittenberg. Im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes wollen sie sich dort der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" anschließen.

Katholiken und Lutheraner hatten das Dokument, das als Meilenstein der Ökumene gilt, 1999 in Augsburg unterzeichnet. Die Erklärung hob jahrhundertealte gegenseitige Lehrverurteilungen der Kirchen aus der Reformationszeit auf.

Die Generalversammlung in Leipzig gilt als bundesweit größtes Ereignis einer internationalen kirchlichen Organisation im 500. Jubiläumsjahr der Reformation, die 1517 in Wittenberg ihren Ausgang nahm. Mit der Wahl eines Tagungsortes in Ostdeutschland - nach Ghana 2004 und den USA 2010 - will die Weltgemeinschaft den Ausgangspunkt der Reformation würdigen. Doch betont der Generalsekretär des Reformierten Bundes in Deutschland, Achim Detmers, Luther sei zwar eine wichtige Symbolfigur. "Aber die Umsetzung hat er natürlich nicht alleine bewerkstelligt, da mussten viele mit anfassen."

Bundespräsident kommt

Leipzig wurde wegen der Rolle der Stadt als Ausgangspunkt der friedlichen Revolution von 1989 als Tagungsort gewählt. Zum Willkommensgottesdienst am 30. Juni wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet, er richtet ein Grußwort an die Delegierten.

Am 2. Juli feiert die Versammlung einen mehrsprachigen Gottesdienst im Berliner Dom. Das ZDF überträgt live, die Predigt hält Generalsekretär Chris Ferguson aus Kanada. Im Anschluss steht ein Empfang bei Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) auf dem Programm.

Bei ihrer inhaltlichen Arbeit wird sich die Generalversammlung auch mit dem Verhältnis zwischen Nord- und Südkorea beschäftigen. Dem Vernehmen nach werden in Leipzig vier nordkoreanische Abgesandte erwartet. Auf dem globalen Gipfel wird zudem ein neuer Generalsekretär gewählt.

Abschlusserklärung zum Thema Weltgerechtigkeit

Ob die Versammlung in der Messestadt die Tragweite früherer Konferenzen erreicht, ist offen. So stand die Versammlung 2010 in Grand Rapids im US-Bundesstaat Michigan im Zeichen einer Strukturreform: Reformierter Weltbund und Reformierter Ökumenischer Rat schlossen sich zusammen, zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen.

Heiß her ging es bei der vorletzten Versammlung in der ghanaischen Hauptstadt. In ihrem "Bekenntnis von Accra" gingen die Delegierten die westlichen Industrienationen für ihre Wirtschafts- und Umweltpolitik scharf an, sprachen unter anderem vom "Kampf gegen das Imperium". Intern sorgte indes der Begriff des "Bekenntnisses" für Kontroversen. Insbesondere US-amerikanische Mitglieder sträubten sich gegen dessen Verwendung in einem weltlichen Kontext.

Nicht nur in Ghana stellten die Reformierten unter Beweis, dass sie um scharfe, griffige Aussagen zum Weltgeschehen nicht verlegen sind. An diese Tradition könnte auch das Treffen von Leipzig anschließen: Die diesjährige Abschlusserklärung am 7. Juli soll sich mit dem Thema Weltgerechtigkeit beschäftigen.


Quelle:
epd