Für viele Christen ist es ein Wort mit fast magischer Bedeutung: "Kirchentagsfeeling". Denn auf Kirchentagen - evangelischen, katholischen oder ökumenischen - passiert manchmal etwas, das man sich nur schwer erklären kann
Die Theologin Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, beschrieb es einmal so: "Da habe ich für vier, fünf Tage das Gefühl: Wir sind ganz viele, und gemeinsam sind wir stark mit unserem christlichen Glauben", so Kurschus kurz vor dem Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni 2019 in Dortmund in einer Radiosendung des NRW-Kirchenmagazins "Himmel und Erde".
Dieses besondere "Feeling" aus lebendigen Gottesdiensten, hitzigen politischen Diskussionen, fröhlichem Feiern tausender Menschen und stillem Gebet - wird es auch beim Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) im Mai in Frankfurt spürbar sein? Die kirchlichen Veranstalter und die Stadt Frankfurt wollen dies trotz Corona jedenfalls möglich machen, wie sie am Donnerstagabend in einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten.
"Wir suchen nach Lösungen, wie wir ein starkes ökumenisches Zeichen auch in Zeiten der Pandemie ermöglichen können", erklärte der katholische Kirchentagspräsident Thomas Sternberg. "Wenn Kirchentagsfeeling unter vielen Menschen nicht möglich ist, müssen wir ein solches Ereignis neu denken."
Vorläufige Festlegung
Die Verantwortlichen haben sich nun festgelegt - vorerst jedenfalls. Die evangelische Kirchentagspräsidentin Bettina Limperg sprach nach einer Videokonferenz mit dem Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) von einer "Richtungsentscheidung".
Gemeinsam wolle man nun die Planungen vorantreiben, auch "als Hoffnungszeichen für viele Menschen". Am Mittwoch hatte ein Zeitungsbericht über eine angeblich drohende Absage des Kirchentages - der sich auf Frankfurts Bürgermeister Uwe Becker (CDU) berief - noch erhebliche Irritationen ausgelöst.
Seit Monaten tauschen sich die ÖKT-Verantwortlichen mit anderen Großveranstaltern aus, um herauszufinden, was unter Corona-Bedingungen machbar ist, an Präsenzveranstaltungen und digitalen Angeboten. Da war zunächst das ebenfalls für Mai 2021 geplante Internationale Deutsche Turnfest in Leipzig.
Doch das Turnfest, das mit rund 50.000 Tagesteilnehmern als weltweit größte Wettkampf- und Breitensportveranstaltung gilt, wurde am 21. Oktober wegen Corona abgesagt. Dann war da noch der ebenfalls für Mai 2021 geplante Hamburger Hafengeburtstag, ein traditionelles, riesiges Volksfest. Es wurde am Donnerstag "aufgrund der aller Voraussicht nach im Mai noch bestehenden Pandemie-Lage" abgesagt.
Bleibt die Frankfurter Buchmesse, die allerdings auch nur bedingt vergleichbar ist. Deren Organisatoren gehen nach eigenen Angaben für die im Oktober 2021 geplante Bücherschau "weiterhin von einer Präsenzveranstaltung in den Messehallen aus". Zugleich liefen Planungen für ein erweitertes virtuelles Programm, "für den Fall, dass die Corona-Pandemie eine Präsenzmesse erneut nicht zulässt", hieß es am Freitag.
Ein Hoffnungszeichen in der Pandemie
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung bekräftigte nun mit Blick auf den Ökumenischen Kirchentag, "vorerst" an der Veranstaltung im kommenden Jahr festhalten zu wollen - und veränderte Konzepte zu planen. Angesichts der Pandemie sei es wichtig, "ein Hoffnungszeichen zu setzen und gerade jetzt nicht aufzugeben", schrieb er am Freitag in einem Brief an die rund 1.100 Gemeinden im Kirchengebiet. Der Ökumenische Kirchentag könne "gerade in dieser Zeit ein sehr wichtiges Forum für den Austausch miteinander und die Vergewisserung im Glauben sein".
Gleichzeitig bleiben für Jung die Unwägbarkeiten angesichts der Corona-Krise bestehen und "sicher kann es so sein, dass beim Konzept bald noch umgesteuert oder im Frühjahr 2021 anders entschieden werden muss", schrieb er. So sei bereits jetzt deutlich, dass die Planung, Gäste in Gemeinschaftsquartieren in Frankfurter Schulen unterzubringen, kaum mehr aufrecht zu erhalten sei.
Es bestehe aber die Möglichkeit, dass medizinische Fortschritte bis zum Frühjahr bei der Bekämpfung der Pandemie helfen könnten. Jung: "Es ist besser, die Hoffnung nicht aufzugeben, sondern mit Zuversicht nach vorne zu schauen."