Während ich die Schokolade, die ich bei der letzten Lesung statt Blumen bekommen habe, in kleinen Stückchen über dem Topf zerbrösle, ziehen meine Gedanken. Einen Trostkakao habe ich schon lange nicht mehr gekocht!
Als die Kinder klein waren, waren Pfannkuchen mit Obstgesichtern, Butterbrote, die in See stechen oder eben selbst gerührter Kakao, für alles Mögliche gut. Dafür das kleine Herzchen zu wärmen, ein Lächeln ins Kindergesicht zu zeichnen oder dafür, ein kleines Seeabenteuer beim Essen zu erleben.
Beim Essen, und das war mir nicht klar, bevor ich Mutter wurde, kann ich mein Herz in den Kochtopf mit einrühren – und die eingerührte Liebe kommt als Lächeln auf dem Kindergesicht wieder raus. Wie einfach. Wie wunderbar.
Außerdem war ich ja auch noch allmächtig. Monster unterm Bett oder andere monströse Widernisse, konnten mit einmal zum Fenster hinauswerfen oder unter dem Bett staubsaugen souverän und ein für alle Mal besiegt werden.
Aber natürlich war meine Allmacht dahin, als die Kinder anfingen, das mit den Monstern zu durchschauen. Alles was ich tun konnte, war: an ihrer Seite sein, wenn sie mit ihren Dämonen kämpften oder andere ihnen ihre eigenen Dämonen entgegenschleuderten.
Als Liebeskummer und Weltschmerz in die Kinderzimmer einzogen - da konnte ich gleich gar nichts mehr machen. Ratlos aber mitfühlend, habe ich dennoch weiter Kakao gekocht oder die Lieblingschips leise auf den Schreibtisch gestellt, während unglückliche Wesen hinter Kopfhörern im Computer fremde Völker ermordeten. Oder was auch immer machten, um das aktuelle Unglück zu vergessen.
Gedacht habe ich jedenfalls: tja, für große Kinder können Mütter leider nichts tun.
Bis – ich vor ein, zwei Jahren mal auf einem Spaziergang mit dem unterdessen erwachsenen Großen über die Zeiten gesprochen habe, in denen Eltern machtlos gegen Monster werden. Und Chips ja leider auch keine Lösung seien.
Hat aber immer geholfen, widersprach der Große beiläufig. Ich staunte noch lange. Das? Das mit dem Kakao und den Chips hat geholfen? Immer?
Nachträglich träufelt der beiläufige Satz Trost in mein Mamaherz, Trost darüber, dass ich doch trösten konnte. Hätte mein Herz das mal früher gewusst!
Der Kakao ist fertig. Und die Große, für die er gekocht wird, sieht auch schon wieder ein bisschen weniger zerzaust aus.
Erstsendung: 1. März 2020