Über gute familiäre Beziehungen - nicht nur am Muttertag

Mehr als eine Pflichtübung

Vor dem 8. Mai haben wieder viele Menschen überlegt, wie sie ihrer Mutter eine Freude machen können. Viel wichtiger aber als ein Pflichtgeschenk am Muttertag ist eine gute Beziehung - und zwar das ganze Jahr über.

Autor/in:
Angelika Prauß
Muttertag (dpa)
Muttertag / ( dpa )

Wertschätzung - viele Mütter, die tagein, tagaus für ihre Familie und ihren Nachwuchs da sind, vermissen sie. Mangelnde Anerkennung macht Mütter aber krank. Darauf hat erst jüngst wieder das Müttergenesungswerk hingewiesen. Dabei ist es mit dem pflichtgetreuen Blumenstrauß oder den Pralinen am Muttertag nicht getan. Es gibt andere Möglichkeiten, seiner Mutter Wertschätzung zu zeigen - und zwar das ganze Jahr über.

Vielen Familien sei bewusst, dass die meiste Arbeit "an den Müttern hängen bleibt", sagt die katholische Familienberaterin Hiltrud Franken-Horstmann. Unabhängig vom Alter freue sich jede Mutter über ein "Mitmachgeschenk", so die Erfahrung der stellvertretenden Vorsitzenden des Bundesverbandes katholischer Ehe-, Familien- und Lebensberater. "Ein Tag für uns, ein Mutter-Tochter- oder Mutter-Kinder-Tag hat etwas ganz Besonderes."

"Qualität der Kontakte entscheidend"

Zeit für eine «gemeinsame Aktivität» zu schenken, an die man sich gerne erinnert, sei ein gelungenes Geschenk, meint die Expertin. Das könne auch so aussehen, dass eine erwachsene Tochter, die sonst nur mit Ehemann und Kindern zu Besuch kommt, sich ein paar Stunden Zeit für einen Ausflug oder Theaterbesuch mit der Mutter nimmt. Gerade in "Zeiten von Mobilität und Entfernung" könnten solche gemeinsamen Aktivitäten - auch an anderen Tagen des Jahres - ein Zeichen sein, dass Familienbindungen durchs Leben tragen.

Voraussetzung sei ein "regelmäßiger Kontakt, bei dem man sich am Leben teilhaben lässt". Deshalb sei es auch wichtig, familiäre Störungen zu bereinigen, sagt die Lebensberaterin. "Nicht die Quantität, die Qualität der Kontakte sind entscheidend: mal ein Kärtchen oder eine SMS schreiben als kleines Zeichen, dass man aneinander denkt."

Diese Dankbarkeit gegenüber Eltern gründet sich für die Osnabrücker Pastoraltheologin Martina Blasberg-Kuhne auch im biblischen 4. Gebot. Damals sei der Ausgangspunkt kulturell und gesellschaftlich ein ganz anderer gewesen, erklärt die Theologin: Alte Menschen waren von ihren Kindern sozial und ökonomisch abhängig. Der säkulare Muttertag kommerzialisiert und "verkitscht" aus Sicht der Wissenschaftlerin das Anliegen.

"Was verbindet uns?"

Deshalb hält auch Blasberg-Kuhnke die Frage für wichtiger: Wie können erwachsene Kinder und ihre Eltern die Beziehung so gestalten, dass sie mehr ist als eine reine Pflichtübung an einem Tag im Jahr? Wirkliche Nähe entsteht aus Sicht der Theologin durch eine offene Kommunikation. Angebote der Familienpastoral können Familien dabei unterstützen, miteinander im Gespräch zu bleiben und ihre Bedürfnisse offen anzusprechen: "Was ist möglich? Was tut mir gut? Was verbindet uns? Das kann auch der gemeinsame Shoppingnachmittag mit der Mutter sein."

Eine gute Beziehung sei "nicht von räumlicher Nähe abhängig", gibt Blasberg-Kuhnke zu bedenken. Gerade in Industrieländern, die von hoher beruflicher Mobilität geprägt seien, komme «innere Nähe durch äußere Distanz zustande», so die stellvertretende Vorsitzende der Konferenz der deutschsprachigen Pastoraltheologen.

Räumliche Nähe als Chance

Es könne sogar gut sein, "wenn man sich nicht jeden Tag über den Weg läuft". Kinder und Eltern wünschen sich aus ihrer Erfahrung ein eigenständiges Leben, gerne in erreichbarer Nähe, aber nicht unter einem Dach. Mit ihren Kindern und Enkeln seien viele ältere Leute auch über soziale Netzwerke in engem Kontakt; sie chatten und skypen etwa mit ihren im Ausland studierenden Enkeln. Bei räumlicher Distanz plädiert Blasberg-Kuhnke «als Fixpunkte für ein, zwei Familientreffen im Jahr».

Anders stellt sich die Situation mit dem Eintritt ins neunte Lebensjahrzehnt oder bei Demenz dar. Betagte Eltern würden zunehmend davon abhängig, betreut und versorgt zu werden. Nun werden aus Sicht der Pastoraltheologin persönliche Besuche wichtiger, und "dass jemand am Bett sitzt und die Hand hält": Viele alte Menschen können nicht mehr selbst rausgehen, die Sehkraft ist oft zu schwach zum Lesen, auch das Telefonieren falle mit nachlassendem Gehör schwer. Ist die Beziehung über die Jahre und Jahrzehnte gewachsen, sind auch solche Besuche keine Pflicht - sondern ein inneres Bedürfnis.


Quelle:
KNA