Menschen in der Ukraine leiden Helfern zufolge zunehmend unter den Folgen der angespannten Lage im Konflikt mit Russland. "Die Nachfrage nach psychologischer Hilfe und nach Erste-Hilfe-Kursen übersteigt unsere Kapazitäten bei weitem. Wir leben seit dem Jahr 2014 mit dem Konflikt in unserem Land, aber in den vergangenen zwei Monaten hat sich die Lage noch einmal deutlich verschärft", berichtete der Leiter der Malteser Ukraine, Pavlo Titko, am Samstag.
Alte Traumata brechen wieder auf
Seinen Worten zufolge brechen bei manchen Menschen alte Traumata wieder auf. Und: "Viele Menschen fragen sich: Bei welcher Konfliktverschärfung sollte man fliehen, welche Kriterien sind richtig für diese Entscheidung?" Ein großes Thema in den Therapie- und Gruppensitzungen seien auch Kinder: "Wie sagen wir ihnen, dass wir unsere Heimat vielleicht verlassen müssen? Wie spricht man mit ihnen über Krieg?", betonte Titko.
Wirtschaftliche Situation verschlechtere sich
Hinzu komme, dass sich die wirtschaftliche Situation in der Ukraine rasch verschlechtere. "Die Lebenshaltungskosten steigen immer weiter, und viele wissen nicht mehr, wie es für sie weitergehen soll: Wir sehen in unseren Projekten vermehrt Zukunftsängste und Depressionen. Nach sieben Jahren Angst entstehen bei den Menschen pathologische Angst und Alpträume", erklärte der Experte.
Angst vor einem Krieg
Die Angst vor einem Krieg verdränge zwar die akute Sorge vor Covid-19. Allerdings seien die Fallzahlen in dem Land weiter hoch. An Normalität sei schon lange nicht mehr zu denken, so Titko. Das wirke sich auf die Psyche aus, mache mürbe und lasse den Bedarf an psychologischer und psychosozialer Unterstützung steigen.
Im vergangenen Jahr haben die Malteser in der Ukraine nach eigenen Angaben für rund 6.500 im Land vertriebene Menschen Einzel- oder Gruppensitzungen angeboten. Darüber hinaus seien 235 Menschen über psychiatrische Telemedizin versorgt und für etwa 4.900 Menschen Schulungen über psychische Krankheiten angeboten worden.