DOMRADIO.DE: Sie haben das Buch "FAIRreisen: das Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen" geschrieben. Haben Sie denn den Eindruck, dass die Urlauber jetzt durch die aktuelle Debatte mehr darüber nachdenken, wie sie Urlaub machen, oder endet das ökologische Gewissen bei der eigenen Reiseplanung?
Frank Herrmann (Autor und Journalist): Der eine oder andere denkt sicher über die Auswirkungen seiner Reisen nach, aber dem dann auch Taten folgen zu lassen, da hört das Engagement für die meisten Menschen dann leider wieder auf. Das lässt sich übrigens auch auf den gesamten Konsum übertragen. Dem Billig-Wahn erliegen die meisten dann doch immer noch sehr schnell.
DOMRADIO.DE: Fliegen, Autofahren oder Kreuzfahrten – geht das denn grundsätzlich nicht?
Herrmann: Natürlich wird die Menschheit weiter fliegen und auch Autofahren. Das bringt so eine vernetzte, globale Welt schon per se mit sich mit. Aber, ob wir für unseren Urlaub dann immer das Auto oder das Flugzeug nehmen müssen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Kreuzfahrten habe ich an dieser Stelle bewusst nicht erwähnt, denn die sind in der Tat wirklich überflüssig.
DOMRADIO.DE: Es gibt ja auch die Möglichkeit bei einem Flug Kompensationszahlungen zu leisten entsprechend dem CO2 Verbrauch. Was halten Sie denn davon?
Herrmann: Ja, nicht nur den Flug kann man oder sollte man kompensieren, sondern praktisch das gesamte CO2, das durch uns entsteht – durch unsere Urlaubsfahrten oder auch unser normales Leben. Eine freiwillige Kompensation ist eine schnelle und effektive Möglichkeit des Klimaschutzes. Sie darf aber nicht als Feigenblatt dienen, so weiterzumachen wie bisher.
Es geht auch um Bewusstseinsbildung und einen vernünftigen Umgang – gerade mit dem Thema Reisen. Zu empfehlen sind hier gemeinnützige Anbieter wie atmosfair oder die Klima-Kollekte, die übrigens ein kirchlicher Kompensationsfonds ist.
DOMRADIO.DE: Für Fernreisen kann man nicht den Zug nehmen. Sollte man dann unter ökologischen Gesichtspunkten grundsätzlich darauf verzichten?
Herrmann: Ja, das wäre ideal, ist aber natürlich nicht realistisch. Man kann aber seltener fliegen und dafür länger vor Ort bleiben beispielsweise. Man könnte einen Direktflug wählen anstelle eines meist billigeren Fluges mit Umsteigen – auch das reduziert CO2. Man kann sich aktiv auch eine Airline aussuchen, die mit modernen Flugzeugen fliegt, die dicht bestuhlt ist und gut ausgelastet ist. Da kann man gegenüber nicht so effizienten Airlines eine Menge CO2 einsparen.
Konkrete Auskünfte hierzu bekommt man im jährlich veröffentlichten "Airline Index" von atmosfair, der ist kostenlos zugänglich im Internet. Und das freiwillige Kompensieren obendrein sollte dann eigentlich auch selbstverständlich sein.
DOMRADIO.DE: Auch ein All-inclusive Urlaub dürfte eine schlechte Ökobilanz haben. Dabei wird viel weggeschmissen und in vielen Hotels kriegt man jeden Tag frisch gewaschene Handtücher. Sollte man einen solchen Urlaub komplett vermeiden?
Herrmann: All-inclusive Urlaub ist schon ein wenig problematisch, auch aus anderen Gründen. Da bleibt nämlich einfach zu viel Geld bei den großen Reiseveranstaltern und den Hotelketten, die diese Resorts betreiben. Das Geld landet dann eben nicht beim örtlichen Restaurant, dem Taxifahrer, dem lokalen Guide oder dem familiengeführten Mittelklasse-Hotel.
Es gibt aber heutzutage durchaus den einen oder anderen ökologisch bewussten All-inclusive Resort, bei dem sich der Energie- und Wasserverbrauch in Grenzen hält. Allerdings sind das noch große Ausnahmen.
DOMRADIO.DE: Wozu würden Sie denn raten, wenn man den Klimaschutz in diesen Ferien richtig ernst nehmen will?
Herrmann: Man könnte auf die umweltfreundlichsten Verkehrsmittel, die wir zur Verfügung haben ausweichen: Das sind die Bahn und erstaunlicherweise auch der Reisebus, aber der wird leider viel zu wenig genutzt im Urlaub. Die meisten sind dann doch im Flugzeug oder im Auto unterwegs. Man kann vor Ort ein nachhaltiges Hotel wählen, da gibt es sehr viele Auswahlmöglichkeiten mittlerweile. Man kann auf motorisierte Spaßaktivitäten, beispielsweise Jetski fahren oder Ähnliches, verzichten.
Und man kann auch die Klimaanlage moderat einsetzen – oder gar nicht. Schön wäre es auch, wenn man statt eines Mietwagens auf öffentliche Verkehrsmittel und Taxis zurückgreift. Dann hat auch die einheimische Bevölkerung wieder mehr davon, mit der man dann übrigens auch eher in Kontakt kommt.
Das Interview wurde geführt von Julia Reck.