Umweltorganisationen: Ab 2. Mai leben wir ökologisch auf Kredit

"Wir bräuchten drei Erden"

Würden alle Länder weltweit so haushalten wie Deutschland, wären drei Erden notwendig. Von Mittwoch an überzieht Deutschland nach Berechnungen von Umweltorganisationen sein ökologisches Konto und lebt auf Pump.

Gemeinsame Verantwortung für die Welt / © Jan Woitas (dpa)
Gemeinsame Verantwortung für die Welt / © Jan Woitas ( dpa )

Wer jeden Monat sein Konto überzieht, ist schnell pleite. Am kommenden Mittwoch hat Deutschland zumindest seinen ökologischen Kredit aufgebraucht. Dann leben die 82 Millionen Bundesbürger quasi auf Pump. Denn dann hat Deutschland nach Berechnungen von Wissenschaftlern des Global Footprint Network, einer Forschungsgruppe mit Sitz im kalifornischen Oakland, seinen Anteil an den nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Erde für dieses Jahr verbraucht.

Tag der "Erdüberlastung"

Damit ist der deutsche "Erdüberlastungstag" ein wenig nach hinten gerutscht. In den vergangenen drei Jahren lag er immer Ende April, 2017 sogar am 24. April. Dass er 2018 in den Mai gerutscht ist, ist allerdings nach Darstellung der Verantwortlichen kein Indiz für eine Trendumkehr. Die leichte Verbesserung beruhe vor allem auf Schwankungen bei den CO2-Emissionen.

Diese waren beispielsweise wegen eines milden Winters in dem für die Berechnungen maßgeblichen Basisjahr 2014 leicht gesunken. Für dieses Jahr liegen inzwischen weltweit vergleichbare Zahlen vor, die dann auf 2018 hochgerechnet werden. Nach derzeitigen Prognosen wird der Tag in den kommenden Jahren wieder früher im Jahr liegen.

Die Bundesbürger lebten ab dem 2. Mai auf Kosten kommender Generationen und der Menschen im globalen Süden, mahnte Germanwatch-Expertin Julia Otten. "Es ist bisher keine Trendwende bei unserem viel zu großen Ressourcenverbrauch in Sicht."

Deutschland bräuchte drei Erden

Um seine ökologische Buchhaltung in Ordnung zu bringen, bräuchte Deutschland nach Angaben der Experten drei Erden. Der ökologische Fußabdruck der Bundesbürger liege im oberen Viertel aller Länder. Zum Vergleich: Die USA bräuchten 5, China 2,2, Frankreich 2,8 und Großbritannien 2,9 Erden.

Die gesamte Weltbevölkerung bräuchte 1,7 Erden, um den globalen Bedarf an natürlichen Rohstoffen wie Ackerland und Wäldern nachhaltig zu decken. Der weltweite "Erdüberlastungstag" wird im August erwartet. Er ist in den zurückliegenden Jahrzehnten immer weiter nach vorn gerückt: 1987 war das Ökokonto nur leicht überzogen: Damals lag der Earth Overshoot Day "erst" am 19. Dezember. Im Jahr 2000 fiel er auf den 23. September. 2008 - vor 10 Jahren - war es der 16. August. 2017 der 2. August.

Weltbevölkerung wächst und verbraucht mehr

Die Menschheit lebt von der Substanz. Die Weltbevölkerung wächst und verbraucht mehr Holz, Pflanzen, Futtermittel, Fisch und Nahrungsmittel, als in Fischgründen, Wald-, Weide- und Ackerflächen jährlich generiert werden können.

In Deutschland tragen nach Angaben der Umweltschützer vor allem die hohen CO2-Emissionen in den Bereichen Energie, Verkehr und industrielle Landwirtschaft sowie der große Flächenbedarf - insbesondere für den Anbau von Futtermitteln für die Fleischproduktion - zur Überlastung der Erde bei.

Auch die versiegelte Fläche in Deutschland wächst. Von 1992 bis 2015 nahm sie den Angaben zufolge um mehr als 20 Prozent zu. Sie verursache Konflikte mit anderen Flächennutzungsansprüchen, etwa für die landwirtschaftliche Produktion und den Bedarf an Waldflächen, schade den Böden und begünstige Hochwasser.

Schonende Anbaumethoden notwendig

Germanwatch und die Umweltorganisation INKOTA appellierten an die Bundesregierung, bessere Rahmenbedingungen für ein ressourcenschonendes Wirtschaften zu schaffen. "Sie muss die Energiewende und den Kohleausstieg genauso vorantreiben wie einen Wandel im Bereich Verkehr und Mobilität", sagte Otten. Auch im Bereich Landwirtschaft sei ein Wandel hin zu ressourcenschonenden Anbaumethoden dringend notwendig.

"Agrarökologische Anbaumethoden, die ohne Pestizide und chemische Düngemittel auskommen und sowohl die Bodenfruchtbarkeit als auch die Biodiversität fördern, müssen dringend stärker gefördert werden", so die Umweltorganisationen. Zugleich müsse Schluss sein mit einer industriellen Massentierhaltung, für die "in Südamerika auf riesigen Flächen Futtermittel angebaut werden und deren Abfallprodukte wie Gülle das Grundwasser und Böden verunreinigen".

Christoph Arens


Quelle:
KNA
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