Umweltschützer springen ab

Der Klimazug steht nahezu still

Kurz vor Abschluss der Klimakonferenz stocken die Verhandlungen in wichtigen Punkten. Das einzige, was sich zu bewegen scheint, ist ein Großteil der Umweltorganisationen, die aus Protest die Konferenz verlassen.

Autor/in:
Simone Humml
Klimawandel (dpa)
Klimawandel / ( dpa )

Auf der Weltklimakonferenz in Warschau ist in zentralen Fragen auch kurz vor dem geplanten Abschluss keine Lösung in Sicht. Sie stand von vornherein unter ungünstigen Sternen: Gastgeber Polen hat sich jahrelang gegen höhere Klimaziele der EU gesperrt. Die Vorreiter Deutschland und die EU haben nicht mehr die Zugkraft wie auf früheren Klimakonferenzen. Das EU-Vorzeigeprojekt, der Emissionshandel, liegt zudem am Boden. Japan und Australien ziehen in Warschau bereits zugesagte Klimaschutzziele zurück.

Die Industrieländer bieten insgesamt ein schlechtes Beispiel, um von Schwellenländern und ärmeren Staaten höheren Einsatz für Klimaschutz zu fordern. "Richtige Dynamik im Klimaschutz haben derzeit kleine Schwellenländer wie Costa Rica oder Mexiko", meint der Klima-Experte der Organisation Oxfam, Jan Kowalzig. "Die EU dagegen verharrt in Ihrer Starre."

Sie hat ihr Klimaschutzziel, den Treibhausgasausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu verringern, bislang nicht erhöht, obwohl es schon jetzt in etwa erreicht ist. Damit wird es schwieriger, andere Staaten zu höheren Zielen zu bewegen, wie es für den Weltklimavertrag vorgesehen ist. Er soll 2015 in Paris ausgehandelt werden.

Ein Hauptproblem der Konferenz ist das Geld. Die Industrieländer hatten den ärmeren Staaten bereits in Kopenhagen 2009 mehr Mittel zugesagt für ihre klimafreundliche Entwicklung und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. 2020 sollten es 100 Milliarden Dollar (74 Milliarden Euro) pro Jahr sein. Doch noch ist ungeklärt, auf welchen Wegen das Geld fließen soll. Daher hat auch noch kein Staat Finanzzusagen gemacht.

Zusätzlich sind einige Quellen der Klimafinanzen versiegt. Beim Emissionshandel sind die Preise für eine Tonne Kohlendioxid im Keller. Damit haben Industrieländer vor allem eine wichtige Einnahmequelle für eigene Klimaschutzprojekte verloren, im geringen Umfang auch für Projekte in ärmeren Staaten. "Je niedriger der CO2-Preis ist, desto niedriger ist die Bereitschaft, in alternative Energien zu investieren", sagt der Vorsitzende des Umweltausschusses im EU-Parlament, Matthias Groote (SPD). Das erschwert auch das viel beachtete Vorzeigeprojekt Deutschlands, die Energiewende.

Ein anderes Projekt wirft auch kaum noch etwas ab. Bei diesem CDM genannten Mechanismus können sich Industrieländer Klimaschutzaktivitäten in ärmeren Ländern gutschreiben lassen und mussten dafür einen kleinen Beitrag in einen Topf zahlen. Das Geld fehlt nun, um die Anpassung ärmerer Länder an die Klimafolgen zu finanzieren. Der Anpassungsfonds droht auszutrocknen. Immerhin hat Deutschland 30 Millionen Euro zugesagt, um zu helfen, den Fonds zu erhalten.

Gastgeber Polen spielt nach Beobachtermeinung keine gute Rolle. "Die Präsidentschaft muss aktiv eingreifen in die Verhandlungen und Lösungsvorschläge präsentieren, und das vermisse ich hier", sagt Groote. "Zudem ist es sehr befremdlich, dass der Umweltminister während der Konferenz aus seinem Amt entlassen wird." Ministerpräsident Donald Tusk hatte dem Konferenzpräsidenten Marcin Korolec während der Ministerrunde sein Amt als Umweltminister entzogen. Korolec hatte sogleich versichert, dass er dennoch Konferenzpräsident bleiben werde.

"Natürlich kann ich die Klimaschützer verstehen", meint Groote. Ein Großteil von ihnen ist aus Protest gegen "das schleppende Vorankommen und die gleichzeitige Dominanz von Wirtschaftsinteressen" aus dem Konferenzgebäuden ausgezogen und will nach eigenen Angaben auch erst bei der nächsten Konferenz wieder dabei sein.

"Die Erwartungen waren von vorneherein nicht enthusiastisch hoch", hatte der amtierende Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) bei seiner eintägigen Stippvisite am Mittwoch in Warschau gesagt. Sobald die Koalition stehe, werde Deutschland zusammen mit Frankreich auf den Vertrag in Paris hinarbeiten. Auf der Konferenz in Doha 2012 hatte die Leitung ihn zu einem Chefverhandler auserkoren. Nun aber flog er nach wenigen Stunden wieder ab, um sich um die Koalitionsgespräche in Berlin zu kümmern.

 


Quelle:
dpa