UN-Generalsekretär Kofi Annan besucht Deutschland

Der Weltpräsident zu Gast bei Freunden

Die Fußball-Weltmeisterschaft hat in den vergangenen Wochen zahlreiche Politiker nach Deutschland gelockt. Nun kommt auch Kofi Annan. Seine Heimat Ghana hat es am weitesten von allen afrikanischen Ländern geschafft, im Achtelfinale war Schluss gegen Brasilien. Aber der UN-Generalsekretär kommt ja auch nicht des Fußballs wegen.

 (DR)

Die Fußball-Weltmeisterschaft hat in den vergangenen Wochen zahlreiche Politiker nach Deutschland gelockt. Nun kommt auch Kofi Annan. Seine Heimat Ghana hat es am weitesten von allen afrikanischen Ländern geschafft, im Achtelfinale war Schluss gegen Brasilien. Aber der UN-Generalsekretär kommt ja auch nicht des Fußballs wegen. Nicht ausschließlich.

Erst Heller, dann Zidane
Ursprünglich wollte er sich nur das WM-Finale im Olympiastadion ansehen. Doch André Heller änderte seine Pläne. Als Kofi Annan hörte, dass sein Freund am neuen Berliner Hauptbahnhof die Show-Zelte aufgeschlagen hat, änderte er umgehend sein Besuchsprogramm. Gemeinsam mit Bundespräsident Horst Köhler besucht der UNO-Generalsekretär am Sonntag die Nachmittagsvorstellung von "Afrika! Afrika!" an. Erst danach geht es zum Finale der Fußball-Weltmeisterschaft.


"Präsident der Welt"
Von epd-Redakteur Jan Dirk Hebermann

"Kein Pferd im Rennen"
Ein feines Lachen huscht über sein Gesicht, Kofi Annan (68) streckt die Hände aus und antwortet mit seiner wohlklingenden Stimme. "Nein, ich habe da kein Pferd im Rennen", versichert der UN-Generalsekretär auf die Frage eines Journalisten nach seinem Wunsch-Nachfolger. Ende Dezember scheidet Annan aus dem Amt. Wenn er morgen zu einem offiziellen Besuch nach Deutschland kommt, werden seine Gesprächspartner mit ihm auch die Zeit danach erörtern.

Doch Annan dürfte jetzt auch immer öfter zurück blicken: Fast zehn Jahre steht er an der Spitze der Weltorganisation. Auf dem Höhepunkt seines Ansehens 2001 krönte das Nobel-Komitee ihn und die Vereinten Nationen mit dem Friedensnobelpreis. Er habe sich "für eine besser organisierte und friedvollere Welt" eingesetzt. Kurz darauf pries ihn Afghanistans Staatschef Hamid Karsai als "Präsidenten der Welt".

Tatsächlich muss sich der stets ruhig und beherrscht wirkende Annan mit vielen globalen Problemen befassen: Von Aids bis zu Armut und Klimawandel, von Verletzungen der Menschenrechte bis zu Terrorismus und Atomwaffen. Er reist von einem Krisenherd zum nächsten, von einem Gipfeltreffen zum anderen. So konnte er während der Fußball-WM manches Spiel des Teams seiner Heimat Ghana nicht live am Fernsehen verfolgen. Am Sonntag will er immerhin das Finale in Berlin besuchen.

Häufig waren sie hilflos
Als UN-Chef versucht Annan mit Politikern, Kriegsherren oder Religionsführern Konflikte zu entschärfen und verfeindete Parteien an einen Tisch zu bringen: "Die Bedürfnisse des einzelnen Menschen, der leidet und Hilfe braucht, muss im Mittelpunkt unserer Mission stehen", ist sein Credo. Anfang Juli sprach er in Liberia über Versöhnung, Wiederaufbau und Heimkehr nach dem Bürgerkrieg. Er sprach den Menschen Mut zu und versprach weitere Unterstützung.

Afrika liegt Annan besonders am Herzen. Sein Heimatkontinent blieb Schauplatz großer humanitärer Tragödien - von Darfur bis zum Kongo, von Angola bis Uganda. Doch oft mussten Annan und seine UN Mitarbeiter dem Morden, Brandschatzen und Vergewaltigen tatenlos zusehen. "Annan und die UN sind natürlich nur so stark, wie es die mächtigsten Mitglieder der UN zulassen", analysiert der Zürcher Politikwissenschaftler Kurt Spillmann.

Washington und Annan: Mit dem Irak kam die Wende
Die Ära Annan wird auch nach der UN-Reform beurteilt werden, die allerdings nur schleppend vorankommt. Ausgerechnet das mächtigste UN-Mitglied, die USA, werden oft zum Bremser bei Annans Initiativen. Zuerst aber, 1996, favorisierten die Vereinigten Staaten den höflichen UN-Diplomaten bei der Wahl zum Generalsekretär. Doch als die USA den Angriff auf den Irak vorbereiteten, widersprach er seinen einstigen Förderern. Ein Krieg ohne UN-Vollmacht sei illegal, ließ er die Regierung von US-Präsident George W. Bush wissen. In Washington hat man Annan dies bis heute nicht verziehen.

Im Irak spielte sich auch das dunkelste Kapitel in Annans beiden Amtszeiten ab. Diktator Saddam Hussein hatte das UN-Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" genutzt, um Milliarden US-Dollar einzustreichen.
Selbst Annans Sohn Kojo geriet in den Verdacht dubioser Machenschaften. Das alles passierte, weil das Irak-Programm von den UN nicht streng genug überwacht wurde.