Am kommenden Freitag (11.03.2011) findet in Brüssel ein EU-Sondergipfel zu Libyen statt. "Wir bereiten uns auf alle Szenarien vor, einschließlich der schlimmsten", sagte ein Sprecher der EU-Nothilfekommissarin Kristalina Georgiewa. Bisher sind über 200.000 Menschen aus Libyen nach Ägypten und Tunesien geflohen. Die EU-Kommission stellte zusammen mit Hilfswerken 22.000 Plätze in "Transitlagern" zur Verfügung. Die meisten Flüchtlinge sind Gastarbeiter in Libyen, die in ihre Heimat wollen.
Kommissarin Georgiewa dringt auf einen besseren Zugang für humanitäre Helfer in die libyschen Krisengebiete. Ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton teilte mit, dass ein EU-Experten-Team nach Tripolis gereist sei, um die Lage der Bevölkerung zu erkunden: "Es ist eine technische Mission. Es gibt keine politischen Kontakte, weder mit den libyschen Behörden noch mit der Opposition."
160 Millionen US-Dollar benötigt
Am Wochenende hatten die UN-Hilfswerke einen Rückgang der Zahl der Libyen-Flüchtlinge festgestellt. Pro Tag seien nur noch wenige tausend Menschen über die Grenzen nach Ägypten und Tunesien gekommen, teilte die Internationale Organisation für Migration in Genf mit. Ein Grund sei die Abriegelung der libysch-tunesischen Grenze durch Truppen des Gaddafi-Regimes. Die Organisation schätzt, dass vor Ausbruch der Gewalt rund zwei Millionen ausländische Arbeitnehmer in Libyen beschäftigt waren.
Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, äußerte sich besorgt über Hunderttausende Menschen aus Schwarzafrika, die in Libyen festsitzen. Die schwarzafrikanischen Wanderarbeiter fühlten sich bedroht, weil viele Libyer sie mit Söldnern des Gaddafi-Regimes verwechseln.
Um die Krise zu bewältigen, brauchten die UN und ihre Partnerorganisationen in den nächsten drei Monaten rund 160 Millionen US-Dollar. Das Geld ist für Lebensmittel, Wasser, Zelte, Medikamente und Transportmittel bestimmt.
Auch Deutsche landet in Lampedusa
Unterdessen verzeichnet die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa aufgrund günstigeren Wetters einen erneuten Ansturm von Flüchtlingen aus Tunesien. Allein in der Nacht auf Montag erreichten dem Rundfunk zufolge knapp 1.000 Menschen mit Kuttern und Fischerbooten die Insel, darunter eine Deutsche mit ihrer siebenjährigen Tochter, die mit einem Tunesier verheiratet war und weiter in dem Land lebte.
Das Flüchtlingslager auf Lampedusa hat nur 850 Plätze. Das italienische Innenministerium begann, einige der 1.300 Insassen in Aufnahmezentren auf dem Festland zu bringen. Mit weiteren Flüchtlingsbooten wird gerechnet. Seit dem Sturz der Ben-Ali-Diktatur in Tunesien Mitte Januar kamen insgesamt 7.500 Bootsflüchtlinge nach Italien.
Der badische evangelische Landesbischof Ulrich Fischer rief Europa zu mehr Solidarität mit den Flüchtlingen aus Libyen auf. "Vor der Gewalt fliehende Libyer haben einen völkerrechtlichen Anspruch auf ein faires Asylverfahren wie Flüchtlinge aus anderen Krisenregionen", sagte Fischer.
UN rechnen mit bald 400.000 Flüchtlingen aus Libyen
Hunderttausende auf der Flucht
Caritas International beschrieb bereits vergangene Woche gegenüber domradio.de die humanitäre Krise, die sich in Nordafrika anbahnt. Die Zahl der Flüchtlinge aus Libyen wird sich voraussichtlich auf 400.000 Menschen verdoppeln, warnen nun die Vereinten Nationen. Auch in der EU wächst die Besorgnis.
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