DOMRADIO.DE: Für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind ab 2020 kostenlose Fahrten im Fern- und Regionalverkehr erlaubt. Ist die Forderung neu, dass Freiwilligendienstleistende auch kostenlos die Bahn nutzen sollen?
Lisi Maier (Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend / BDKJ): Nein, die ist nicht ganz neu. Vor drei Jahren hatten wir zum ersten Mal am Tag des Ehrenamts, am 5. Dezember, eine Hashtag-Kampagne dazu entwickelt. Beteiligt waren all diejenigen, die als Träger sozusagen die rund 100 verschiedenen Angebote für Freiwilligendienstleistende in ihren Strukturen vertreten.
Wir haben als katholische Trägergruppe 10.000 Freiwilligendienstleistende, davon 6.000 im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und 4.000 im Bundesfreiwilligendienst (BFD). Insgesamt sprechen wir von circa 100.000 Freiwilligendienstleistenden in Deutschland, für die das jährlich infrage kommen würde. Davon sind ungefähr 60.000 im FSJ und 45.000 im BFD sowie ein paar, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) machen.
DOMRADIO.DE: Inwieweit ist denn die aktuelle Entscheidung, dass die Bundeswehr nun freie Fahrt bekommt, ein Anschub für ihre Forderung?
Maier: Wir hoffen, dass wir an dieser Stelle mit unserer jetzt schon etwas älteren Forderung noch mal neu und gut ins Fahrwasser reingehen können. Aber für uns ist an dieser Stelle vor allem wichtig, dass es um mehr als nur Anerkennung und Wertschätzung geht.
Es geht auch schlicht um die Ermöglichung dieses Freiwilligendienstes. Denn wir mussten schon in der letztjährigen Freiwilligendienstdebatte, die im letzten Sommer angestoßen wurde, auch immer deutlich machen, dass es viel mehr junge Menschen gibt, die den Freiwilligendienst gerne machen möchten. Aber wenn beispielsweise die ökonomische Situation im Elternhaus nicht so gut ist, dann fällt die Entscheidung in diese Richtung doch eher negativ aus.
Viele können sich den Freiwilligendienst nicht leisten, zumal man die Kosten, um zu dem Freiwilligendienstort zu gelangen - beispielsweise fürs das FSJ - auch selbst tragen muss. Da können nur einige Einsatzstellen etwas dazugeben, aber viele auch nicht.
DOMRADIO.DE: Die Menschen, die sich freiwillig engagieren, kriegen 400 Euro Taschengeld im Monat und müssen die Fahrtkosten in der Regel selber tragen. Wenn solche Fahrtkosten wegfallen, dann würde es attraktiver werden, sich freiwillig sozial zu engagieren?
Maier: Auf jeden Fall. Wir haben jetzt schon teilweise Einrichtungen beziehungsweise Träger, die von den Anfragen her mehr Freiwilligendienstleistende aufnehmen könnten. Das variiert allerdings stark von Region zu Region oder auch bei den Einsatzstellen.
Wir wissen aber auch, dass es für einige eine wirkliche Entscheidung ist, gleich ins Erwerbsleben oder in die Ausbildung einzusteigen und dieses Freiwillige Soziale Jahr oder den BFD aus finanziellen Erwägungen heraus nicht zu machen.
Es gibt aber bereits ein positives Beispiel zu vermelden. In Hessen hat man aufgrund dieses Drucks, der die letzten Jahre entstanden ist, ein Ticket für einen Euro pro Tag für Freiwilligendienstleistende angeboten. Das ist natürlich dennoch im Vergleich zu dem, was jetzt für die Soldatinnen und Soldaten organisiert wurde, die kostenlos fahren können, ein Nachteil. Man muss ja auch sagen, dass das Verteidigungsministerium bei dieser Lösung für die Bundeswehr nur eine sehr geringe Summe übernimmt und der Großteil dann doch beim deutschen Bahnkonzern verbleibt.
DOMRADIO.DE: Eines der Argumente dafür, dass die Soldatinnen und Soldaten eine Fahrkarten-Befreiung kriegen, ist die Sichtbarkeit der Soldaten in der Gesellschaft. So eine Uniform in den Zügen würde auch mehr Sicherheit schaffen, sagt Bundesverkehrsminister Dobrindt beispielsweise. Freiwilligendienstleistende erkennt man ja nicht. Wie wäre es denn da mit dem Einführen einer "Bufdi-Uniform"?
Maier: Die Ermöglichung von Freiwilligenengagement ist die eine Sache. Das andere ist natürlich auch eine Wertschätzungsfrage. Eine Wertschätzung bekommt man nicht nur darüber, dass andere sehen, dass man ein Freiwilligendienstleistender ist, der kostenlos Bus fährt. Das könnte auch beim ersten oder zweiten Blick auf den Freiwilligendienstausweis auffallen.
Uns geht es aber nicht nur um die Sichtbarkeit von diesen Freiwilligendiensten. Da gibt es, glaube ich, andere Orte. Und da schaffen wir auch als bundeszentraler Träger andere Orte, um Engagement in den freiwilligen Diensten immer wieder sichtbar zu machen. Das passiert in allererster Linie in den Einrichtungen vor Ort, wo die Freiwilligendienstleistenden auch aktiv sind.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.