DOMRADIO.DE: Sie werden den Kongress eröffnen. Danach folgt im Programm Ihr Parteivorsitzender Friedrich Merz mit einer Ansprache. Er macht keinen Hehl aus seinem Glauben, oder?
Thomas Rachel (Fachsprecher für Kirchen und Religionsgemeinschaften bei der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag): Ja, und das ist auch gut so. Generell ist es gut, wenn wir Christinnen und Christen deutlich und sichtbar machen, was uns im Leben trägt, was uns Kraft gibt und was uns Orientierung gibt.
DOMRADIO.DE: Religion ist für viele etwas Persönliches, aber Sie sagen, es sei keine Privatsache. Darum wird es auf dem Kongress gehen.
Rachel: Natürlich ist es etwas, was jeden einzelnen Menschen angeht und jeder muss seine eigene Beziehung zum Thema Religion, zu Gott und zum Glauben finden.
Für unsere Gesellschaft ist es insgesamt sehr wichtig, dass die Menschen, die sich religiös und christlich engagieren, auch in der Gesellschaft wahrgenommen werden. Sie haben eine ganz wichtige Rolle und sie tragen ganz wesentlich dazu bei, dass wir den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken.
DOMRADIO.DE: Wie hält es die Religion mit der Politik? Kirche mischt sich durchaus auch ein. Die katholischen Bischöfe haben gesagt, Christen können nicht die AfD wählen. Das wird nicht immer so goutiert in der Politik, oder?
Rachel: Die Kirchen sind natürlich nicht im gesellschafts- oder politikfernen Raum unterwegs, aber es ist zunächst wichtig, dass sie sich auf ihre eigene Botschaft, auf das Evangelium konzentrieren. Das ist das, was sie ausmacht, was sie von anderen unterscheidbar macht.
Aber natürlich wirken die Kirchen mit ihren Werten, mit ihren christlichen Grundüberzeugungen in die Gesellschaft hinein, stärken damit auch Demokratie und Freiheit, Recht und Gerechtigkeit. Ich will es mal so formulieren: Kirchen können einen Beitrag dazu leisten, Politik zu ermöglichen. Aber sie sollten nicht selber Politik machen.
DOMRADIO.DE: Sprechen wir über das "C" in Ihrem Parteinamen. Ist das Christliche vielleicht eine Hürde, die Nichtchristen davon abhält, die CDU zu wählen?
Rachel: Wenn man das "C", also das christliche Menschenbild, im Namen der Christlich Demokratischen Union so versteht, wie ich es gerne formuliere, nämlich dass es eine Orientierung gibt und dass es einen einladenden Charakter hat, dann wird deutlich, dass es einen einladenden Charakter weit über die Christinnen und Christen hinaus hat. Denn es bindet Menschen in einer verantwortlichen Art und Weise mit ein und würdigt die Menschenwürde eines jeden einzelnen Menschen, egal wo er herkommt, und stellt sie in den Mittelpunkt.
Letztlich ist jeder Mensch ein Ebenbild Gottes und hat unverfügbare Werte und eine unverfügbare Würde, die vom Staat, aber auch von allen zu respektieren ist.
DOMRADIO.DE: Bedeutet das im Umkehrschluss, dass dieses "C" dann eine Hürde ist, wenn es doch als für die Kirche stehend verstanden wird?
Rachel: Es ist für uns als CDU auf keinen Fall eine Hürde, sondern es ist einladend. Das "C" sorgt dafür, dass das Liberale menschlich bleibt. Das sorgt in der CDU dafür, dass das Soziale nicht in einen neuen Sozialismus führt. Das "C" sorgt dafür, dass das Konservative eine weitere Wurzel unserer Partei nie in eine "Blut-und-Boden-Ideologie" abgleitet. Das "C" ist auch eine klare Grenze nach rechts außen. Und das prägt uns als Christdemokraten mit dem christlichen Menschenbild.
DOMRADIO.DE: In der Schweiz haben sich die Mitglieder der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) vor einer Weile gegen das "C" entschieden. Das ist bei Ihnen auch mal Thema gewesen. Ist das nun vom Tisch?
Rachel: Die Mitglieder haben sich in einer Mitgliederbefragung deutschlandweit ganz klar mit überwältigender Mehrheit dafür ausgesprochen, dass das "C" weiterhin Markenkern und Identitätskern der Christlich-Demokratischen und der Christlich-Sozialen Union bleibt.
Die Basis hat hier ein eindeutiges Wort gesprochen und auf dem Bundesparteitag der CDU haben wir das "C" und die Verantwortung vor Gott und den Menschen und das christliche Menschenbild ausdrücklich direkt am Anfang des neuen Grundsatzprogramms formuliert. Damit haben wir uns auch eindeutig positioniert.
Das Interview führte Tobias Fricke.