Unter Druck gesetzter Chefredakteur Boffo tritt zurück

Schmierentheater, (vorerst) letzter Akt

Der durch eine italienische Zeitungsfehde unter Druck geratene Chefredakteur Dino Boffo ist von der Leitung der katholischen Tageszeitung "Avvenire" zurückgetreten. Boffo sei Ziel einer "unsäglichen Medienattacke" geworden, heißt es in einer Pressemitteilung der italienischen Bischofskonferenz. Deren Vorsitzender Kardinal Bagnasco nahm die Kündigung Boffos "mit Bedauern" zur Kenntnis. Ist dies nur ein vorläufiger Höhepunkt der Fehde zwischen Regierung und Kirche?

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Nach einer kritischen Berichterstattung über Ministerpräsident Silvio Berlusconi war Boffo von der Tageszeitung «Il Giornale» wegen angeblicher homosexueller Beziehungen angegriffen worden. Das Blatt, das der Familie Berlusconi gehört, stützte sich dabei im Wesentlichen auf ein anonymes Verleumdungsschreiben. Zudem verwies «Il Giornale» auf eine Bußgeldzahlung Boffos im Jahr 2004 wegen angeblicher telefonischer Belästigung einer Frau aus Terni.

Nach Darstellung Boffos waren die Anrufe zwar von einem Redaktionshandy, aber durch eine andere Person erfolgt. Er habe mit der Zahlung der Buße lediglich einem Strafverfahren zuvorkommen wollen. Boffo bestreitet sowohl die Telefonate als auch homosexuelle Beziehungen und weist die Vorwürfe als «journalistisches Killertum» zurück. Papst Benedikt XVI. und Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone hatten dem jetzt zurückgetretenen Chefredakteur offen den Rücken gestärkt. Die Mitte-Links-Opposition hatte «Avvenire» zuvor wiederholt vorgeworfen, Kontakte des italienischen Ministerpräsidenten zu Prostituierten und Minderjährigen nicht klar genug zu verurteilen. Die Tageszeitung der Bischofskonferenz hatte indes mehrfach betont, das Privatleben von Politikern wie Berlusconi müsse moralischen Ansprüchen genügen.