Die Debatte um eine Stärkung der Hochschultheologie in Berlin nimmt Fahrt auf. In einem Gastbeitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" würdigt der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) die "aktuellen Denkanstöße".
In der Diskussion ist vor allem der Vorschlag des evangelischen Theologen Rolf Schieder, an der Humboldt-Universität eine bundesweit einmalige "Fakultät der Theologien" anzustreben. Unter ihrem Dach sollen verschiedene Konfessionen und Religionen in eigenständigen Bereichen forschen, lehren und zugleich kooperieren.
Fundamentalismus entgegenwirken
Zu dieser Empfehlung nimmt Müller nicht konkret Stellung. In seinem Statement geht er indes über die allgemeine Ankündigung im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag hinaus, die Theologien in Berlin zu stärken. So plädiert der Politiker ausdrücklich für eine "Bündelung" der katholischen, evangelischen und islamischen Theologie unter dem Dach der Humboldt-Universität sowie einen Einbezug auch der jüdischen Theologie. Es wäre "ein wichtiges, weithin sichtbares Zeichen", betont Müller.
Noch dringlicher ist ihm indes die bereits beschlossene Gründung eines Instituts für Islamische Theologie an der Humboldt-Universität.
Dem Berliner Senat sei sehr daran gelegen, dass dies "nun zügig erfolgen kann und der Lehrbetrieb zeitnah beginnt". Nach bisheriger Planung soll dies im Wintersemester 2018/19 der Fall sein. Das Institut soll eine wissenschaftliche Ausbildung muslimischer Geistlicher und Religionslehrer ermöglichen, um Fundamentalismus entgegenzuwirken.
Zustimmung vom Berliner Erzbischof
Beim katholischen Berliner Erzbischof Heiner Koch findet die Idee einer "Fakultät der Theologien" offene Ohren. In seinem Gastbeitrag äußert er sich überzeugt, dass eigenständige Institute verschiedener Konfessionen und Religionen innerhalb der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität sich wechselseitig bereichern könnten.
Zugleich bekräftigt Koch seine Kritik an der Ausstattung des bislang einzigen Seminars für Katholische Theologie in der Hauptstadt, das an der Freien Universität Berlin angesiedelt ist. Mit einer unbefristeten Professur und zwei befristeten Juniorprofessuren liege es weit unterhalb der fünf Professuren, die der Wissenschaftsrat für solche Einrichtungen empfiehlt. So sei die katholische Theologie nicht in der Lage, an den intellektuellen Debatten der Hauptstadt angemessen teilzunehmen.
"Fakultät der Theologien"
Auch der Moraltheologe Eberhard Schockenhoff sieht den Vorschlag einer "Fakultät der Theologien" positiv. Das Modell sei "ehrgeiziger und weitreichender als alle bisherigen Versuche, dem ökumenischen und interreligiösen Dialog der jeweiligen theologischen Wissenschaften einen institutionellen Rahmen zu geben", so der in Freiburg lehrende Ethiker. Es habe jedoch nur dann Realisierungschancen, wenn es eine Ergänzung der bestehenden theologischen Fakultäten und kirchlichen Hochschulen bleibe und nicht an deren Stelle treten solle.
Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse weist Spekulationen zurück, es gehe um eine "Mischfakultät auf kleinstem gemeinsamen theologischen Nenner". Die Herausforderung sei vielmehr "anspruchsvollste je eigene Theologie in der unmittelbaren Nachbarschaft der anderen Theologien". Deshalb wendet sich der SPD-Politiker gegen den Vorschlag, das neue Institut für Islamische Theologie an der Philosophischen anstatt an der Evangelisch-Thologischen Fakultät der Humboldt-Universtität anzugliedern. Aus seiner Sicht wäre dies "eine problematische Weichenstellung".
Auf eine weitere offene Frage mit Blick auf das geplante Islam-Institut weist der Grünen-Politiker Volker Beck hin. Es sei ungeklärt, in welcher Form ein Beirat des Instituts die islamische Religionsgemeinschaft repräsentieren könne. Wegen fehlender Einigkeit fällt sie im Unterschied zu den Kirchen als Partner des Staates aus.
"Der Ditib als größtem islamischem Verein wird man wohl nicht noch einen weiteren Beiratssitz anbieten wollen", so der religionspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion mit Blick auf die Vorwürfe der vergangenen Wochen, der Verein spioniere im Auftrag der türkischen Regierung. Beck plädiert dafür, "auch die weniger organisierten Muslime stärker mit einzubeziehen".