Untersuchung zur Qualität der Pflege

Essen, Trinken, Wundliegen

Essen, Trinken, Medikamente, das Wundliegen und der Umgang mit Demenzkranken - hat sich die Pflege in den Heimen und zu Hause in den vergangenen fünf Jahren verbessert? Der dritte Qualitätsbericht der Krankenkassen gibt darauf keine eindeutige Antwort.

Autor/in:
Bettina Markmeyer
 (DR)

Geht es alten Menschen, die professionell gepflegt werden, heute besser als vor fünf Jahren? Der "3. Bericht über die Qualität der ambulanten und stationären Pflege", den der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und der ihm angegliederte Medizinische Dienst (MDS) am Dienstag in Berlin vorstellten, gibt darauf keine klare Antwort: Die Versorgung mit Essen und Trinken hat sich verbessert - anderes ist gleich geblieben, manches hat sich sogar verschlechtert. Die Qualitätsentwicklung weise "nicht bei allen vergleichbaren Kriterien in eine positive Richtung", heißt es im Bürokratendeutsch des Berichts.



In ihrem 2. Qualitätsbericht hatten die Prüfer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes der Krankenkassen (MDS) 2007 festgestellt, dass rund zehn Prozent der Heimbewohner und fast sechs Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause in einem schlechten Zustand waren. Das hatte für einen Aufschrei gesorgt. Bei jedem dritten Patienten wurden zentrale Anforderungen der Pflege nicht eingehalten wie Gewichtskontrolle oder die Vorbeugung gegen Druckgeschwüre.



Pflege hinkt weiter hinterher

Die jetzt ausgewerteten Daten stammen aus den Jahren 2009 und 2010 aus rund 8.100 Heimen und 7.800 ambulanten Pflegediensten. Das entspricht 79 Prozent der Heime und 60 Prozent der Pflegedienste. Inzwischen sind nahezu alle der insgesamt 23.500 stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen und -dienste im Rahmen der Pflegenoten mindestens einmal kontrolliert worden. 660 MDS-Prüfer sind in Deutschland unterwegs.



Die Prüfungen zeigen, dass die Pflege weiter hinter den Anforderungen hinterherhinkt. So werden ein Viertel der Druckgeschwüre nicht so behandelt, wie der Arzt es angeordnet hat. Die Vorbeugung wird nur zu 60 Prozent geleistet. Wo es keine Vorbeugung gibt, haben 7,4 Prozent der bettlägerigen alten Menschen ein Druckgeschwür, in Heimen, die die Prophylaxe ernst nehmen, sind es nur 4,4 Prozent.



In einem schlechten Ernährungszustand waren 7,4 Prozent der Heimbewohner, die auf Hilfe beim Essen angewiesen sind. Fünf Prozent bekommen zu wenig Flüssigkeit. Das sind weniger als zu vermuten wäre. Denn die Prüfer haben auch festgestellt, dass fast jedem Fünften nicht genug geholfen wird beim Trinken.



Defizite in der Beratung

Eine erschreckende Verschlechterung gibt es beim Umgang mit schwierigen, unruhigen alten Menschen. Jeder fünfte Heimbewohner wird in seiner Freiheit beschränkt, durch Anbinden, das Abschließen des Zimmers, Fixieren im Rollstuhl oder Gitter am Bett. Elf Prozent dieser Eingriffe erfolgen, ohne dass richterliche Genehmigungen vorliegen. 2007 lagen für 91 Prozent der Eingriffe richterliche Genehmigungen vor. Dies geschehe, so der MDS-Bericht, "obwohl in der publizierten professionellen Haltung ein Umdenken erkennbar" sei.



Ähnliche Feststellungen machen die MDS-Prüfer beim Umgang mit Demenz. Demenz ist ein großes Thema - aber die Altenheime versuchen nur bei 58 Prozent ihrer demenzkranken Bewohner, deren Wohlbefinden zu ermitteln. Dafür gibt es Methoden mit dem Ziel, die verwirrten Alten besser verstehen zu können und ihre Lebensqualität zu erhalten. Aber sie werden bei jedem Zweiten nicht angewendet. Wo dies indes geschieht, geht man auf 88 Prozent der Demenzkranken besser ein, berücksichtigt ihre Lebensgeschichte und ihre Vorlieben.



Bei den ambulanten Pflegediensten fehlt es in allen Bereichen an Beratung. Demenzkranke und ihre Angehörigen wurden nur in 40 Prozent über die Krankheit und pflegerische Hilfe aufgeklärt. Bei Inkontinenz waren es 42 Prozent, bei der Flüssigkeitsversorgung 50 Prozent, ebenso bei Ernährung und Sturzvorbeugung. Über die Gefahren der Druckgeschwüre und wie sie vorbeugen können, erfuhren nur 40 Prozent der Angehörigen etwas vom Pflegedienst.



Dringend müssen aus Sicht der Prüfer schließlich die Mängel beim Umgang mit Medikamenten abgestellt werden. Jeder fünfte, ambulante gepflegte alte Mensch bekommt seine Mittel in einer falschen Dosierung, anders als vom Arzt verordnet. Schmerzmittel werden ebenfalls zu selten, falsch oder aber ohne regelmäßige Kontrolle gegeben. In den Heimen bekommen 18,5 Prozent der Bewohner ihre Medikamente nicht so, wie vom Arzt verordnet. Hier sehen die MDS-Prüfer "dringenden Handlungsbedarf".