DOMRADIO.DE: Sie bitten ehemalige COVID-19 Patienten um eine Blutplasmaspende. Was bedeutet das genau?
Prof. Dr. Birgit Gathof (Leiterin der Zentralen Dienstleistungseinrichtung für Transfusionsmedizin an der Uniklinik Köln): Wenn die Menschen wieder gesund sind und sie die Voraussetzung für die Spende erfüllen, können sie bei uns mit Termin, Plasma, also Blutflüssigkeit spenden.
DOMRADIO.DE: Sie sagen – wenn man dafür geeignet ist. Ist denn nicht jeder ehemalige COVID-19 Patient geeignet als Spender?
Gathof: Grundsätzlich sollten diese COVID-19 Genesenen wie ganz normale Blutspender gesund sein. Sie sollten zwischen 18 und 60, besser zwischen 18 und 35 Jahre alt sein, vom Körpergewicht her eher über 60 oder 70 Kilo haben und gute Venen, sodass man auch ohne große Mühe die Blutspende durchführen kann.
DOMRADIO.DE: Ist das wie Blutspenden?
Gathof: Ja, im Prinzip schon. Wir schließen eine Nadel mit einem Schlauch an den Spender an, aber während das bei einer normalen Blutspende nur in einen Beutel läuft, läuft es in diesem Fall in ein Gerät, das die Blutflüssigkeit von den Blutkörperchen abtrennt.
Der Spender bekommt dann konzentrierte Blutkörperchen zurück und die Flüssigkeit wird in einem Beutel gesammelt, sodass wir nach ungefähr einer Stunde etwa einen halben Liter Blutflüssigkeit gesammelt haben und die Blutkörperchen wieder zurück im Spender sind.
DOMRADIO.DE: Wofür genau ist das gut?
Gathof: Dieses Blutplasma sollte natürlich Antikörper gegen COVID-19 enthalten. Das kann man vorher untersuchen. Es wird Patienten notfalls nach Sicherheitstests am gleichen Tag gegeben, aber in unserer Vorstellung eher erst nach dem Einfrieren und Durchführen von Sicherheitstests.
Es gibt veröffentlichte Studien aus China mit bisher wenigen Patienten, die zeigen, dass die schwerkranken Patienten dann nicht mehr beatmet werden mussten, schneller wieder gesund wurden und schneller aus dem Krankenhaus gekommen sind. Aber bisher sind das nur wenige Fälle und größere Studien dazu stehen aus. Deswegen möchten wir das an der Uniklinik auch im Rahmen einer Studie untersuchen, gemeinsam mit den Kollegen der Infektiologie und Virologie.
DOMRADIO.DE: Wie ist denn bisher die Resonanz auf den Aufruf?
Gathof: Wir haben sehr gute Resonanz. Wir haben schon fast tausend, die sich bei uns haben registrieren lassen. Dabei sind aber auch welche, die noch gar nicht wissen, ob sie COVID-19 hatten. Es ist ja auch nicht jeder zum Spenden geeignet. Deswegen freuen wir uns, wenn sich auch noch mehr Geeignete, die tatsächlich eine COVID-19 infektion hatten und vielleicht auch einen nachgewiesenen Antikörper, bei uns melden.
DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie sollen dann irgendwie beweisen, dass sie COVID-19 gehabt haben, aber es auch nicht mehr haben?
Gathof: Ja, das würden wir aber in einer Voruntersuchung auch nochmal untersuchen. Deswegen haben wir diese Sprechstunde für COVID-19 Geheilte gemeinsam mit der Infektiologie und der Virologie etabliert im Infektionsschutzzentrum. Dort können sich Spendewillige auch entsprechend vorstellen und diese Voruntersuchung bekommen.
DOMRADIO.DE: Sie haben eben gesagt, dass von der Altersstruktur her die Spender am besten so zwischen 19 und 35 sein sollen. Aber die meisten Erkrankten sind ja älter.
Gathof: Es sind auch ganz viele zum falschen Zeitpunkt in der falschen Gegend zum Skifahren gewesen oder haben sich irgendwie im oder nach Karneval angesteckt. Insofern gibt es ganz bestimmt in der jüngeren Altersgruppe viele. Aber auch gesunde, fitte, ältere Spender sind bei uns gerne gesehen.
DOMRADIO.DE: Generell sind die Menschen gerade, habe ich den Eindruck, zurückhaltender im Blutspenden. Warum ist es trotzdem so wichtig, dass die Leute Blut spenden, also nicht nur Blutplasma, sondern auch Blut spenden?
Gathof: Es ist bei uns hier an der Uniklinik ja immer wichtig, dass Leute Blut spenden. Im Augenblick bin ich auch sehr dankbar, dass sich viele wirklich die Zeit jetzt nehmen und sagen: Ich helfe mit, ich gehe Blutspenden. Es ist grundsätzlich wichtig für die Operationen, die wir ja nicht verschieben konnten, weil schwerkranke Patienten mit Herzerkrankungen oder Tumoren müssen ja weiter operiert werden. Wir merken im Augenblick gar keine große Abnahme des Blutverbrauchs.
Und die Schwerstkranken COVID-Patienten, die nicht nur an der künstlichen Beatmung sind, sondern auch noch an einem Sauerstoffaustausch mit dem Blut, der sogenannten ECMO-Therapie, die brauchen auch Bluttransfusionen, weil dieses Gerät die Blutkörperchen strapaziert und sie deswegen schneller verbraucht werden.
Das Interview führte Dagmar Peters.