Das kleine Bad Lippspringe in Ostwestfalen hat nur 16.000 Einwohner, aber die scheinen ein reges religiöses Leben zu führen. Sieben Religionsgemeinschaften gibt es: Christen, Juden, Moslems, Sikh, Hindu, Buddhisten und Bahai.
Als klar wurde, dass ihre Heimatstadt Gastgeberin der Landesgartenschau sein würde, beschlossen sie, mitzumachen und zwar mit einem für eine Landesgartenschau einmaligen Projekt – einem Glaubensgarten.
Obstsalat statt Smoothie
Zwar hat fast jede Landes- oder Bundesgartenschau einen Raum der Stille oder sogar eine Kapelle, aber ein Garten, in dem sich jede Religion von ihrer "grünen" Seite zeigen kann, ist neu. "Wir wollen kein Smoothie sein, sondern ein Obstsalat", lacht Antje Lütkemeier, die evangelische Pfarrerin, als sie durch den Garten führt. Der Glaubensgarten soll das Miteinander der Religionen zeigen, dabei aber die Unterschiede deutlich machen.
16 Quadratmeter für die grüne Seele
Ganz praktisch hat jede Religion genau 16 Quadratmeter, um mit Hilfe von Pflanzen, Skulpturen, Brunnen, Stelen oder Statuen das Wesen ihres Glaubens gedeihen zu lassen, unabhängig davon, wie groß die religiöse Gemeinde ist. Der christliche Garten, der die größte Glaubensgemeinschaft repräsentiert, kommt ebenso mit vier mal vier Metern Fläche aus, wie der Garten der Bahai, die mit nur zwei Mitgliedern die kleinste Religionsgemeinschaft in Bad Lippspringe ist.
Garten des Bahaitums – Wasser und Stelen
Eine der Bahai ist Modjgan Bidardel, die wie Antje Lütkemeier fast jeden Tag auf der Landesgartenschau anzutreffen ist und Besuchern mit Begeisterung den Garten und ihre Religion erklärt. Die Bahai ist die jüngste der Weltreligionen. Sie geht auf einen Mann mit dem Titel "der Bab" zurück. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde er in Persien geboren und später als Gottesgesandter verehrt.
Der Garten wird von einer Treppe dominiert, über die Wasser fließt. Sie symbolisiert das Weltzentrum der Bahai auf dem Berg Karmel in Haifa. Auf Stelen sind die Prinzipien der Glaubensgemeinschaft nachzulesen, zum Beispiel die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Der Garten des Buddhismus – ent-täuschend
Der Garten des Buddhismus ist kein Garten, der im eigentlichen Sinne enttäuschen will, sondern Täuschungen vermeiden soll, weil er sich auf seine Botschaft konzentriert. Ein Baum soll daran erinnern, dass Buddha unter einem Baum nicht nur geboren und erleuchtet wurde, sondern auch gestorben ist. Eine Buddha-Statue auf einem Podest lädt zum inneren Dialog auf Augenhöhe ein.
Der Bunteste – Der Garten des Hinduismus
Zwei Bananenstauden am Eingang vermitteln fast den Eindruck, in einen Hindu-Tempel einzutreten. Auf einem Tisch liegen Morgengaben für die Götter, zum Beispiel wohlriechende Öle, Kerzen und Blütengirlanden.
Hereinspaziert – in den Garten der Sikh
Bei den Sikh sind es die Tore, die als erstes auffallen. Sie symbolisieren, dass Gläubige aus allen Himmelsrichtungen willkommen sind.
Der Garten des Judentums
Der Garten des Judentums überrascht – er ist gepflastert. "Kein Wunder," sagt Ante Lütkemeier, "der gepflasterte Boden soll gewährleisten, dass der Besucher trockenen Fußes zu dem kommt, was das Wichtigste in der jüdischen Religion ist – das Wort. Deshalb wird der Garten von einem hohen Tisch bestimmt, auf dem bei Zeremonien die Thora liegt.
Die Pflanzen in dem Garten sollen den Feststrauß des Laubhüttenfestes symbolisieren. Zitrone, Myrrhe, Weide und Dattelpalme gedeihen im lichten Schatten des Lippspringer Waldes.
Der Garten des Islam – Das Abbild des Paradieses
Schon die ersten orientalischen Gärten sollten ein Abbild des Paradieses sein. Und dazu gehört unbedingt ein Brunnen, der das Fließen der Güte Gottes symbolisiert. Auch im islamischen Garten auf der Landesgartenschau plätschert das Wasser eines Brunnens vor sich hin. Eine Rose wächst als lebendiges Symbol für den Propheten Mohammed.
Der christliche Garten – ein "innergärtlicher" Dialog
Eine Besonderheit ist der christliche Garten, denn die 16 Quadratmeter werden gleich von vier christlichen Kirchen gestaltet: der syrisch-orthodoxen Kirche, der evangelischen, der katholischen und der neuapostolischen Kirche. "Wir haben uns als erstes gefragt, was uns verbindet", sagt Antje Lütkemeier. "Und da war schnell klar – die Taufe." Also entschied man sich, ein Taufbecken aufzustellen. Unterschiedliche Überzeugungen gibt es allerdings in Fragen der Eucharistie. Deshalb entschloss man sich, das Taufbecken auf einen Tisch zu stellen, der grob gearbeitet ist und Ecken und Kanten hat, um die Unterschiede zu verdeutlichen.
Einfacher war die Pflanzenwahl. Zwei uralte Weinstöcke zieren den christlichen Garten, denn der Wein ist die meist erwähnte Pflanze in der Bibel. Auch ein Apfelbaum ragt über die Hecke, die den Garten umschließt. "Wegen Adam und Eva, denken die meisten" lacht die Pfarrerin. Aber das ist falsch: "In der Bibel heißt es ja nur, Eva gibt Adam eine Frucht". Tatsächlich wurde der Apfelbaum gepflanzt, weil er schon im Hohelied des Alten Testaments erwähnt wird.
Im Garten lässt es sich gut reden
Die Gärten sollen eine Einladung sein, andere Religionen in entspannter Atmosphäre kennenzulernen. Und das scheint zu klappen. Auf dem Rundgang mit Antje Lütkemeier und Modjgan Bidardel fragen immer wieder Besucher nach, was bestimmte Pflanzen oder Objekte bedeuten. Andere sitzen auf einer der Bänke, schauen oder stöbern in den Informationsblättern, die in jedem Garten zu finden sind.
Bis zum 15. Oktober ist noch Zeit, sich den Glaubensgarten auf der Landesgartenschau in Bad Lippspringe anzusehen und religiösen Zeremonien beizuwohnen.
Öffentliche Führungen durch den Glaubensgarten werden samstags und sonntags von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr angeboten. Zusätzlich können Gruppen Führungen vereinbaren: info@glaubensgarten.de.