Bei dem diesjährigen Kooperationskonzert der Kölner Dommusik und des Gürzenich-Orchesters handelt es sich um eine geistliche Trilogie für Solisten, Chor, Orchester und Orgel, die der Kölner Generalmusikdirektor und Leiter des Gürzenich-Orchesters, Francois-Xavier Roth, dirigiert, der als ausgewiesener Experte für seinen französischen Landsmann Berlioz gilt. Das für diese Komposition vorgesehene Gesangsensemble setzt sich aus Mitgliedern aller vier Chöre am Kölner Dom – dem Kölner Domchor, dem Mädchenchor am Kölner Dom, der Domkantorei Köln und dem Vokalensemble Kölner Dom – zusammen und wurde von Domkapellmeister Eberhard Metternich einstudiert. Als Solisten wirken mit: Arnaud Richard in der Rolle des Herodes, Anaik Morel als Maria, Thomas Dolié als Joseph, Michael Nagl als Polydor und Père de famille sowie Moritz Kallenberg als Centurion. Den Erzähler gibt Julien Behr.
Die grüßenden Hirten an der Schlafstätte des neu geborenen Christuskindes sind für viele das Inbild der Kindheit Jesu. Auch für Hector Berlioz wurde diese Szene zum Ausgangspunkt eines letztlich dreigeteilten Oratoriums, das neben bekannten Schlüsselmomenten zahlreiche neue Perspektiven auf das Geschehen rund um die Geburt und das Aufwachsen Jesu entwirft.
Geschichte von Verfolgung und Flucht, aber auch von Mitmenschlichkeit und Solidarität
Alles begann an einem Spätsommerabend des Jahres 1850: Der Architekt Joseph-Louis Duc forderte seinen Freund Hector auf, aus dem Stegreif ein kleines Musikstück zu schreiben. Spontan skizzierte dieser ein Andantino für Orgel. Der schlicht gebaute Satz schien geradezu nach einem Text zu verlangen, und so erstellte Berlioz kurze Zeit später unter dem Namen eines Komponisten des 17. Jahrhunderts und in historisierendem Klanggewand aus dem Orgelstück einen Chor von Hirten, der die Heilige Familie verabschiedet. Diese Hirtenszene erweiterte er schließlich um zwei Rahmensätze, als sich schon längst herumgesprochen hatte, wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt. Damit hatte er den Grundstein für sein unweihnachtliches Weihnachtsoratorium, wie die Komposition "L‘enfance du Christ" gelegentlich umschrieben wird, gelegt.
Die von ihm selbst bezeichnete "Trilogie sacrée" erzählt vom Traum des Herodes, von der Flucht der Heiligen Familie und von deren Ankunft im Exil. Sie wird im Frühjahr 1854 vollendet. Berlioz entwirft hier eine einzigartige Form, die oratorisches Erzählen, opernhafte Dramatik und sinfonische Dichtung in sich vereint. In der Anverwandlung der biblischen Geschichte aus dem Neuen Testament treten hochaktuelle Momente in den Vordergrund: Die Kindheit Christi ist eine Geschichte von Verfolgung und Flucht, aber auch von Mitmenschlichkeit und Solidarität – dort, wo man sie am wenigsten erwartet. Nie hat Berlioz in naiverer Schönheit zu seinem Publikum gesprochen. Nie war er dem Himmel so nah. Nicht von ungefähr feierte Berlioz mit "L’enfance du Christ" zu Lebzeiten einen seiner größten Erfolge.
Das Domkonzert beginnt um 20 Uhr; der Eintritt ist – wie bei allen Konzerten der Reihe "Geistliche Musik am Dreikönigenschrein" – frei.