Urteil im Vatikan-Finanzprozess kommt am Samstag

Sieben Jahre Haft gefordert

Im Prozess um verlustreiche Millionendeals im Vatikan fällt das Urteil am Samstag. Dann könnte erstmals in der Geschichte der katholischen Kirche ein Kardinal von einem Vatikan-Gericht wegen Finanzdelikten verurteilt werden.

Kardinal Giovanni Angelo Becciu / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Kardinal Giovanni Angelo Becciu / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )

Den Termin teilte Richter Giuseppe Pignatone am Dienstag, dem 85. Verhandlungstag, mit. Mit der Urteilsbegründung wird erst in einigen Wochen gerechnet. Die Parteien können Einspruch einlegen. Prominentester Angeklagter in dem Prozess, der seit Juli 2021 läuft, ist Kardinal Angelo Becciu. Der 75-jährige Italiener soll die Hauptverantwortung für ein fragwürdiges Immobiliengeschäft des vatikanischen Staatssekretariats in London tragen. 

Ab 2014 investierte die zentrale Kirchenleitungsbehörde einen dreistelligen Millionenbetrag in das Luxusgeschäftsgebäude. Später musste es unter hohen Verlusten verkauft werden. Zum Zeitpunkt des Deals hatte Becciu als Substitut die zweitwichtigste Position im Staatssekretariat inne.

Der Tatbestand

Der Kardinal soll zudem mit Vatikan-Zahlungen an Sozialorganisationen in seiner Heimat Sardinien Verwandte begünstigt haben. Und er soll eine Mitschuld daran tragen, dass eine angebliche geopolitische Expertin den Vatikan mutmaßlich um mehrere Hunderttausend Euro betrog. Das Geld, das ihr für die Befreiung einer entführten Ordensfrau in Mali anvertraut wurde, gab die Becciu-Bekannte laut Anklage für Luxusgüter aus.

Vatikan-Staatsanwalt Alessandro Diddi fordert sieben Jahre und drei Monate Haft sowie eine Geldstrafe von rund 10.000 Euro für Becciu. Auch den weiteren neun Angeklagten drohen Haft- und Geldstrafen. Der Kardinal und seine Anwälte weisen alle Anschuldigungen zurück.

Finanzen im Vatikan

Als zentrale Leitungsbehörde einer weltweiten Organisation sowie als Träger karitativer Einrichtungen hat der Heilige Stuhl hohe laufende Kosten, die meisten davon für Personal. Die Einnahmen kommen aus sehr unterschiedlichen Quellen.

Dazu zählen im Vatikan die Gewinne der Vatikanbank IOR aus Gebühren und Zinsen sowie die an den Heiligen Stuhl abgeführten Gewinne des Vatikanstaates, etwa aus Eintrittsgeldern oder dem Verkauf von Briefmarken.

Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms.  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms. / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA