US-Bischöfe lehnen Geschlechtsangleichung ab

"Weder gute Theologie noch akzeptable Seelsorge"

Die US-Bischöfe untersagen Geschlechtsangleichungen an katholischen Krankenhäusern, weil sie darin eine Verletzung der Einheit von Leib und Seele sehen. Der Schritt ruft Kritiker auf den Plan, auch innerkirchlich.

Autor/in:
Thomas Spang
Ein Kreuz hängt an der Wand in einem Krankenhauszimmer / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Kreuz hängt an der Wand in einem Krankenhauszimmer / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Franziskaner Daniel P. Horan nimmt kein Blatt vor den Mund. Was die US-Bischofskonferenz über die "moralischen Grenzen der technologischen Manipulation des menschlichen Körpers" zu Papier gebracht habe, sei eine Katastrophe.

Der Direktor des Zentrums für Spiritualität am Saint Mary's College der Universität Notre Dame (Indiana) wirft den Bischöfen vor, die Realität von Transgender-Personen zu leugnen und ihr Leid zu verschlimmern.

Das Dokument sei theologisch, wissenschaftlich und seelsorgerisch ein Desaster. Bei der Debatte geht es um Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.

Richtlinien der Krankenhäuser

In ihren 14 Seiten langen Richtlinien verbieten die Bischöfe katholischen Krankenhäusern "chirurgische oder chemische Eingriffe, die darauf abzielen, Geschlechtsmerkmale eines menschlichen Körpers in die des anderen Geschlechts zu verwandeln".

William Edward Lori / © Bob Roller/CNS photo (KNA)
William Edward Lori / © Bob Roller/CNS photo ( KNA )

Unter Federführung der als konservativ bekannten Bischöfe William Lori (Louisville, Kentucky) und Daniel Flores (Brownsville, Texas) heißt es, es gebe nur zwei Szenarien, die solche Eingriffe erlaubten: entweder, um einen "Defekt" zu beheben, oder wenn ein Teil des Körpers um des Ganzen willen geopfert werden müsse.

Mit dieser Haltung sehen sich die US-Bischöfe an der Seite von Papst Franziskus, der die kirchliche Lehre zum Thema Transgender nicht verändert habe. Das Dokument zitiert zudem die Päpste Benedikt XVI., Johannes Paul II. und Pius XI. Dagegen fehlen Quellen aus Medizin und Naturwissenschaft; und mit Betroffenen wurde wohl auch nicht gesprochen. Letzteres schmerzt Christine Zuba aus Blackwood in New Jersey besonders.

Transgener fühlen sich ausgegrenzt

Die Transgender fühlt sich in ihrer Kirchengemeinde Saint Peter und Paul nach eigenen Worten bedingungslos akzeptiert, nachdem sie mit 58 Jahren ihr Coming-Out hatte. Aber in der Hierarchie der Kirche gebe es keine Bereitschaft, "sich mit uns auseinanderzusetzen. Wir werden noch nicht mal erwähnt."

Auf eine Stellungnahme der Bischöfe zur Haltung gegenüber Transgender-Personen hatten viele US-Katholiken seit 2019 gewartet. Die Leitlinien könnten nun verhindern, dass Trans-Menschen die medizinische Versorgung erhalten, "die sie benötigen", kritisiert Francis DeBernardo, Geschäftsführer der Organisation nicht-heterosexueller Katholiken "New Ways Ministry".

Die Bischöfe nähmen wissenschaftliche Erkenntnisse nicht wahr. Das sei weder "gute Theologie noch akzeptable Seelsorge". Die Transgender-Lehre der Bischöfe dürfte weitreichende Folgen für das US-Gesundheitssystem nach sich ziehen.

Laut der Catholic Health Association wird jeder und jede Siebte in einer der mehr als 600 katholischen Kliniken des Landes betreut. Was den Druck auf Betroffene deutlich erhöht - insbesondere in ländlichen Regionen, in denen katholische Krankenhäuser häufig die einzigen Anlaufstellen sind.

Prekäre Situation für Trans-Personen in den USA

Die psychische Belastung unter Trans-Personen lässt sich unter anderem an hohen Suizidraten ablesen. Hinzu kommen zunehmende tätliche Übergriffe gegen sie. Laut Statistik hat sich die Zahl der Opfer allein zwischen 2017 und 2021 in den USA mehr als verdoppelt.

Das Lehrdokument der Bischöfe und die kritische Resonanz darauf rückt die Misstöne innerhalb der US-Kirche in der Transgender-Frage erneut in den Fokus. Das Parlament von West Virginia hatte Anfang März Geschlechtsangleichungen für Jugendliche untersagt; wenig später folgte Kentucky mit ähnlichen Verboten.

Gesetzesentwürfe in Planung

Auf Bundesebene will die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene den gleichen Schritt gehen und einen Gesetzentwurf im Repräsentantenhaus vorlegen. Allein im laufenden Jahr haben republikanische Gesetzgeber schon mehr als 100 Gesetzesvorlagen eingebracht, die die Rechte von Trans-Personen einschränken sollen. Viele davon beziehen sich ausdrücklich auf die Gesundheitsversorgung.

Eine beunruhigende politische Entwicklung für Transgender, in der sich nun auch die katholische US-Kirche positioniert hat. "Ich bete für die Bischöfe, die diesem Kulturkrieg zum Opfer gefallen sind", so der queere Katholik Michael Sennett aus der Erzdiözese Boston: "dass sie Frieden und Heilung finden und versuchen, die Liebe Gottes mit allen in der Herde zu teilen".

Quelle:
KNA