US-Gesundheitsreform vor dem Aus

"Niemand weiß, wie es weitergeht"

Die Gesundheitsreform "Obamacare" müsse abgeschafft werden - damit führte Donald Trump den US-Wahlkampf. Doch rund 20 Millionen Menschen sind darüber krankenversichert. Was geschieht nun mit ihnen?

Autor/in:
Konrad Ege
Wie geht es ohne "Obamacare" weiter? / © Oliver Berg (dpa)
Wie geht es ohne "Obamacare" weiter? / © Oliver Berg ( dpa )

Vergangene Woche demonstrierten die Republikaner ihre neue Macht: Der Senat stimmte 51 zu 48 und das Repräsentantenhaus 227 zu 198 für Gesetzesvorlagen, die die Abschaffung von "Obamacare" einleiten. Scott Parker ist Manager bei einer gemeinnützigen Klinik in der Kleinstadt Asheville in North Carolina. Seine Patienten seien sehr beunruhigt, sagte Parker.

Die Klinik behandle etwa 15.000 Patienten pro Jahr, die meisten aus unteren Einkommensschichten. Zahlreiche Menschen kämen mit Diabetes, Bluthochdruck, Asthma, HIV und anderen chronischen Leiden. Viele seien versichert mit Hilfe von "Obamacare".

Kritikpunkt Versicherungspflicht

Der "Affordable Care Act" (Gesetz für bezahlbare Fürsorge), kurz "Obamacare", ist 2010 in Kraft getreten. Er ist für Menschen gedacht, die weder über ihren Arbeitgeber versichert noch alt genug sind für Medicare, das staatliche Versicherungsprogramm für Senioren. Für die Ärmsten gibt es noch die staatliche Versicherung Medicaid. 2010 waren rund 48 Millionen Menschen ohne Versicherungsschutz. Heute sind es nur mehr 29 Millionen.

Kritiker an "Obamacare", das gegen die Stimmen aller Republikaner beschlossen wurde, gab es von Anfang an. Der Staat solle sich nicht einmischen, sagten sie. Hauptbeschwerdepunkt ist die für alle geltende Versicherungspflicht. Neu an "Obamacare" war außerdem die Vorschrift, dass Versicherungskonzerne niemanden mehr diskriminieren dürfen wegen "vorexistierender Krankheiten". Das schätzen viele Versicherungsnehmer.

Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses und Republikaner, warnte, die Krankenversicherung befinde sich "in einer Todesspirale". Er spielt auf die Kosten von "Obamacare" an: Nach Regierungsangaben steigen die Prämien bei den Policen im kommenden Jahr um 25 Prozent. Ein Teil davon wird von staatlichen Zuschüssen aufgefangen. Mehrere Versicherungskonzerne haben sich bereits wegen schwacher Gewinne aus manchen Bundesstaaten zurückgezogen.

"Obamacare" ersetzen

Bei einer von CNN übertragenen Begegnung mit Wählern wurde Ryan mit einem 54-jährigen Geschäftsmann konfrontiert. Dieser berichtete, er sei früher Republikaner gewesen. Doch jetzt setze er sich dafür ein, die Gesundheitsversorgung zu erhalten. "Ich will mich bei Präsident Obama aus Herzensgrund bedanken, denn ich wäre tot ohne Obama". Er sei an Krebs erkrankt und nicht versichert gewesen. Dank "Obamacare" hätte er eine Krankenversicherung abschließen können.

Ryan versicherte bei dem Wählertreffen, er wolle "Obamacare" ersetzen durch ein anderes Modell der Gesundheitsversorgung. Auch der designierte US-Präsident Donald Trump drängte den Kongress, zügig zu handeln. Er versprach, die Gesundheitsversorgung werde "sehr viel billiger und viel besser" werden.

Neuer Trump-Plan fast fertig?

Trump und Ryan haben noch nicht erklärt, wie sie gleichzeitig Prämien senken und Leistungen verbessern wollen. Der "Washington Post" sagte Trump, sein Plan für die "Versicherung für alle" sei fast fertig. Die "Kaiser Family Foundation", eine Stiftung für verbesserte Gesundheitsversorgung, hat zum diesem Thema Gruppendiskussionen abgehalten mit Trump-Wählern: Sie sorgten sich vor allem um die Bezahlbarkeit einer Versicherung, schrieb Stiftungspräsident Dave Altman. Die Teilnehmer hätten sich auch über komplexe Versicherungspolicen beklagt.

Der Klinik-Manager Scott Parker aus North Carolina sagte, dass seine Klinik nach wie vor Patienten ohne Versicherungsschutz ermutige, "Obamacare" abzuschließen. Solange "niemand weiß, wie es weiter geht", gelte das Gesetz.

Und auch die Demokraten geben noch nicht auf. In ein paar Dutzend Städten organisierten Befürworter von "Obamacare" kürzlich Kundgebungen. Die Sache sei noch nicht entschieden, sagte Senator Chris Murphy der Zeitung "Hartford Courant" bei einer Demonstration in Hartford in Connecticut. Doch würde der Plan zur Abschaffung von "Obamacare" nicht gestoppt, seien auch andere Sozialprogramme in Gefahr.


Quelle:
epd