In einer Videobotschaft, die offenbar noch vor Bekanntwerden des neuen Papstbriefes zum Thema Missbrauch aufgezeichnet wurde, hat sich Kardinal Sean Patrick O´Malley zum aktuellen Missbrauchsskandal der Kirche in den USA geäußert. Der Leiter der päpstlichen Kinderschutzkommission gab darin zu, dass die Katholiken wohl die Geduld und die Zivilgesellschaft das Vertrauen in die Kirche verloren hätten.
Aber: "Ich bin nicht ohne Hoffnung, und ich ergebe mich nicht der verzweifelten Annahme, dass unsere Fehler nicht korrigiert werden können", so O´Malley. Es gebe "zu viel Gutes in der Kirche und in unserem Glauben, um die Hoffnung zu verlieren".
Kirche hängt noch hinterher
Oft seien es gerade Missbrauchsüberlebende, "die uns mutig lehren, dass wir die Hoffnung nicht verlieren dürfen", sagte O´Malley aus jahrelanger Erfahrung im Umgang mit Opfern. Viele Täter müssten noch für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wurden, stellte der Kardinal klar.
Gleichzeitig sei die katholische Kirche immer noch im Hintertreffen, Regelungen zu finden, wie die Hierarchie mit Missbrauch umzugehen habe. Sie müsse erst noch "klare und transparente Systeme der Rechenschaftspflicht und der Konsequenzen für die Kirchenleitung schaffen, deren Misserfolge diese Verbrechen ermöglicht haben".
Kirche kann das nicht allein bewältigen
Der Kampf gegen Missbrauch sei eine "lebenslange, kontinuierliche Arbeit, die ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit" erfordere, stellte O´Malley klar. Eine Absage erteilte der Kardinal der Vorstellung, dass weiterhin ausschließlich Kleriker, darunter Bischöfe, die von Klerikern verübten Verbrechen aufarbeiten könnten.
Bekehrung, Transparenz und die nötige Rechenschaftspflicht seien überhaupt nur möglich mit Hilfe der Laien, die ihre Kompetenzen, Erfahrungen und Fähigkeiten in die Aufgabe einbringen können. "Wir brauchen die Hilfe der Laien und ihr Engagement, um diese Geißel gegen unser Volk und unsere Kirche anzugehen", so der Kardinal wörtlich.
Mehr als 1.000 Kinder missbraucht
Anlass für die Videobotschaft des Kardinals war der verheerende Bericht über Missbrauch im US-Bundesstaat Pennsylvania, dem zufolge rund 300 Priester in den vergangenen 70 Jahren sich an mindestens 1.000 Kindern vergangen haben. Der Bericht löste einen tiefen Schock nicht nur in den Vereinigten Staaten aus. Papst Franziskus veröffentlichte am Montag einen langen Brief an die Gläubigen der katholischen Kirche.
Darin identifizierte er Klerikalismus und das damit verbundene Zweiklassendenken in der Kirche als Hauptgrund für den moralischen Verfall, der den massenhaften Missbrauch von Minderjährigen und Schutzbefohlenen durch Priester ermöglichte.