US-Kirche erfreut über neue Ergebnisse zur Stammzellforschung

Rückverwandlung als Fortschritt

Erfreut reagiert die katholische Kirche in den USA auf einen angeblichen Durchbruch in der Stammzellforschung. Wissenschaftlern der Universität Harvard ist angeblich der Beweis dafür gelungen, dass embryonale Stammzellforschung wissenschaftlich unnötig ist.

Autor/in:
Ronald Gerste
 (DR)

Wissenschaftlern der Universität Harvard ist es laut Studie auf der Webseite des Fachmagazins Nature gelungen, Zellen aus den Bauchspeicheldrüsen von Mäusen quasi "zurückzuverwandeln": von ihrer jeweiligen Spezialisierung in einen früheren Zustand der Entwicklung, der dem einer embryonalen Stammzelle ähnelt.

Der stellvertretender Direktor des Sekretariats "Pro Life" der US-Bischofskonferenz, Richard Doerflinger, sprach von einer Situation, in der medizinische Forschung wie Ethik nur gewinnen könnten. Die in Fachkreisen als sensationell bewerteten Ergebnisse verdeutlichten, dass die von der Bischofskonferenz und anderen religiösen Institutionen abgelehnte Forschung an embryonalen Stammzellen nicht nur ethisch verwerflich, sondern auch wissenschaftlich unnötig sei, so Doerflinger. Es handele sich um "eine weitere in der langen Liste der Studien, mit denen die Irrelevanz der Forschung an embryonalen Stammzellen für den medizinischen Fortschritt belegt" werde.

Das Ergebnis des Verfahrens der Harvard-Forschungsgruppe, mit denen die Gene von adulten Zellen zurückverwandelt werden, gilt in Fachkreisen als induzierte pluripotente Stammzelle (IPS). Diesen Zellen können die Wissenschaftler offensichtlich eine neue Richtung vorgeben, in die sie sich entwickeln sollen. In den Experimenten mit Mäusen konnten laut Studie normale Zellen der Bauchspeicheldrüse ohne eine endokrine, also hormonproduzierende Funktion, in jene wertvollen Zellen umgewandelt werden, die Insulin produzieren können.

Eine Heilung von Diabetes mellitus scheint denkbar
Die mögliche künftige Anwendung elektrisiert nicht nur Forscher, sondern zweifellos auch Millionen Patienten: So scheint mit dieser Methode eine Heilung von Diabetes mellitus denkbar. Jene Versuchstiere jedenfalls, bei denen eine Diabetes vorlag, hatten als Folge der Zellumwandlung rasch wieder einen normalen Blutzuckerspiegel. Andere Möglichkeiten, die sich - momentan noch in der Theorie - ergeben könnten, wäre ein auf diese Art induziertes Wachstum von Zellen im Gehirn (nach Schlaganfällen), im Rückenmark (bei Querschnittslähmungen) und im Herzmuskel (nach Herzinfarkten).

"Das Ziel dieser Forschung", erklärte Douglas Melton vom Harvard Stem Cell Institute, "ist die Erschaffung von Zellen, die den Patienten fehlen." Der Forscher wies zugleich umgehend nach Veröffentlichung der Studienergebnisse darauf hin, dass noch massive Forschungsanstrengungen notwendig seien und ein praktischer Nutzen für Patienten im Erfolgsfall erst in einigen Jahren zu erwarten sei.

Blick auf Präsidentschaftswahl gerichtet
Melton äußerte sich allerdings zurückhaltend in der Frage, ob damit die Forschung an embryonalen Stammzellen überflüssig werde. Diese böten einen ganz besonderen Zugang zu menschlichen Erkrankungen und seien ein Hoffnungsträger für den langfristigen Versuch, degenerative Leiden wie etwa Parkinson und Alzheimer zu heilen.

Ob der Bann der US-Regierung, die seit einer Stellungnahme von Präsident George W. Bush im August 2001 eine Förderung der embryonalen Stammzellforschung mit Bundesmitteln ablehnt, bestehen bleibt, hängt vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen ab. Die ablehnende Haltung der katholischen Kirche wird vor allem in der Republikanischen Partei geteilt.