US-Präsident Obama entschuldigt sich für Koran-Verbrennung

Ungebremste Wut in Afghanistan

US-Präsident Obama versucht, die Aufregung um die Verbrennung des Korans in einem Stützpunkt der US-Armee zu stoppen. In einem Brief entschuldigte er sich bei Präsident Karsai für die Verbrennung. Die Menschen in Afghanistan lassen ihrer Wut weiterhin freien Lauf. Taliban riefen zum Töten von Ausländern auf, Politiker mahnten zur Ruhe.

 (DR)

Er bedauere tief die Vorfälle, wird Barack Obama von der New York Times am Donnerstag zitiert. Der US-Präsident versprach, angemessene Schritte zu übernehmen, um Wiederholungstaten zu vermeiden. Die Verantwortlichen für die Verbrennung sollten zur Verantwortung gezogen werden.



Taliban rufen zu Rachetaten auf

Trotz beschwichtigender Worte von Präsident Hamid Karsai haben sich die blutigen Proteste in Afghanistan am Donnerstag ausgeweitet. Tausende Menschen demonstrierten den dritten Tag in Folge gegen die Koran-Verbrennung durch US-Soldaten, wie die afghanische Nachrichtenagentur PAN berichtete. Dabei seien mindestens 17 Menschen getötet worden - darunter zwei US-Soldaten. Die aufständischen Taliban forderten die Bevölkerung zu Racheakten auf.



Außenminister Guido Westerwelle (FDP) rief die Afghanen zu Gewaltlosigkeit auf. Er bedauere zutiefst, dass es erneut Todesopfer gab, sagte Westerwelle in London. Die Bundesregierung sei bestürzt, dass durch die Verbrennung religiöser Texte die Gefühle vieler Menschen in Afghanistan verletzt wurden. "Deutschland und alle unsere Vertreter in Afghanistan empfinden tiefen Respekt für den Islam, seine Anhänger und seine Schriften", versicherte der Außenminister.



Ein afghanischer Soldat erschoss anscheinend aus Wut über die Koran-Verbrennung zwei NATO-Soldaten, wie die Internationale Schutztruppe ISAF mitteilte. Laut unbestätigten Berichten war mindestens einer von ihnen US-Amerikaner.



Eilsitzung im afghanischen Parlament

Präsident Karsai rief am Donnerstagmorgen das Parlament zu einer Eilsitzung zusammen, um über die Lage im Land zu beraten. Gleichzeitig warb er für Ruhe und Besonnenheit. Doch die Worte des Regierungschefs beschwichtigten den Zorn über die Koran-Verbrennung kaum: Volksvertreter riefen während der Sitzung zum Dschihad, zum Gotteskrieg gegen das amerikanische Militär auf.



Eine neue Protestwelle am Freitag nach Ende des traditionellen Freitagsgebets in den Moscheen wurde befürchtet. Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid rief die Afghanen auf, Westler zu "töten, zu verprügeln und gefangen zu nehmen, um ihnen eine Lehre zu erteilen, nie wieder den heiligen Koran zu entweihen".



Neue Proteste werden zum Freitagsgebet erwartet

Die Proteste hatten begonnen, nachdem Afghanen angekohlte Reste des Korans auf dem US-Stützpunkt Bagram etwa 60 Kilometer von Kabul gefunden hatten. Der Koran ist im Islam heilig. Das Buch zu beschädigen, gilt als eines der schlimmsten Vergehen. Der US-Kommandeur Allen sagte, die Exemplare des Korans seien "irrtümlich" in die Verbrennungsanlage geworfen worden.



In Bagram ist auch ein Gefängnis, in dem radikal-islamische Taliban als Verdächtige gefangen gehalten werden. Wachleute hatten anscheinend geglaubt, Häftlinge nutzten den Koran aus der Bibliothek, um Botschaften auszutauschen. Der Koran wird von den Taliban als Mittel genutzt, um geheime Nachrichten zu übermitteln. Nach anderen Darstellungen soll es sich bei den verbrannten Exemplaren aber um neue Bücher gehandelt haben.