US-Vizepräsident J.D. Vance hat beim National Catholic Prayer Breakfast versucht, den Balanceakt zwischen der harten Einwanderungspolitik der US-Regierung und den Erwartungen seiner katholischen Kirche hinzubekommen.
In seiner Rede vor Hunderten katholischer Würdenträger und Gläubigen fiel es ihm sichtbar schwer, mit der scharfen Kritik von Papst Franziskus an denMassenabschiebungen und dem Umgang mit Flüchtlingen umzugehen.

"Der Heilige Vater hat einige unserer Positionen zur Einwanderung kritisiert", räumte Vance Differenzen ein. Statt sich aber mit den inhaltlichen Bedenken des Papstes auseinanderzusetzen, relativierte er deren Bedeutung. Manchmal seien "konservative Katholiken zu sehr mit der politischen Kritik einzelner Geistlicher oder des Kirchenoberhaupts beschäftigt".
Der 2019 zum Katholizismus übergetretene Vance geriet zusätzlich unter Druck, seit Franziskus in einem Aufsehen erregenden Brief an die katholischen US-Bischöfe das Vorgehen der Trump-Regierung als Angriff auf die Menschenwürde verurteilte.
"Christliche Liebe", so der Papst, gelte allen Menschen; eine direkte Zurückweisung von Vances Argument, US-Amerikaner müssten sich zuerst um ihre Familien und ihr Land kümmern.
Tägliches Gebet für den Papst
"Ich war überrascht, als er unsere Einwanderungspolitik in dieser Weise kritisierte", räumte Vance ein. "Aber ich weiß auch, dass der Papst - davon bin ich überzeugt - ein Mensch ist, dem die christliche Herde unter seiner Führung am Herzen liegt."
Gleichzeitig betonte er, täglich für den an einer Lungenentzündung erkrankten, 88-jährigen Papst zu beten. Diese Geste verdeutlicht sein Ringen zwischen politischen Zielen und kirchlichen Grundsätzen.
Vor den Teilnehmern des National Catholic Prayer Breakfast bezeichnete sich Vance wegen seines Übertritts zur katholischen Kirche 2019 als "Baby-Katholik". Es gebe "vieles am Glauben, was ich nicht weiß", zeigte er sich demütig. Er versuche, "bescheiden zu sein, wenn ich öffentlich über den Glauben spreche".
In der Praxis verhält sich Vance freilich anders. Erst kürzlich hatte er für Empörung gesorgt, als er den Bischöfen vorwarf, Regierungsgelder für die "Ansiedlung illegaler Einwanderer" zu erhalten.
Ein führender Kardinal nannte die Behauptung verleumderisch. Tatsächlich erhielt die US-Bischofskonferenz Mittel für die Unterstützung legal anerkannter Flüchtlinge - bis die Trump-Regierung die Zahlungen stoppte.
Kein Treffen mit Trump
Während Vance beim Gebetsfrühstück versuchte, die Wogen zu glätten, droht der Konflikt zwischen Kirche und US-Regierung zu eskalieren. Dazu trägt auch die Ernennung von Kardinal Robert McElroy zum neuen Erzbischof von Washington bei.
Der als progressiv geltende Kirchenmann machte am Vorabend des Gebetsfrühstücks klar, dass er keine Pläne hat, Präsident Trump zum Beginn seiner Amtszeit in zwei Wochen zu treffen.

"Wir befinden uns an einem Wendepunkt in der Geschichte unseresLandes", erklärte der designierte Erzbischof bei seiner jüngsten Pressekonferenz in San Diego am Donnerstag (Ortszeit).
"Wir müssen uns fragen: Was bedeutet es in unserer Gesellschaft, mitfühlend zu sein?" McElroy berichtete von einem langen Telefongespräch mit dem katholischen Ex-Präsidenten Joe Biden, in dem er unter anderem über den Gesundheitszustand des Papstes gesprochen habe.
"Angst in den Herzen"
McElroy, der gemeinsam mit dem Vorsitzenden Richter am Supreme CourtJohn Roberts in Harvard studierte, ließ keinen Zweifel daran, dass er die Massenabschiebungen der Trump-Regierung ablehnt. Razzien in Kirchen säten "Angst in den Herzen aller Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung" und hielten Menschen vom Gottesdienst ab.
"Ohne zu zögern kann ich sagen, dass der Papst solche Maßnahmen ablehnt", so der Kardinal.
Die Kirche werde nicht schweigen, wenn es um die Würde von Migranten geht, kündigte der neue Erzbischof an, den Papst Franziskus als sein Sprachrohr in der US-Hauptstadt eingesetzt hat. Die unangenehme Botschaft dürfte der "Baby-Katholik" Vance noch oft zu hören bekommen.