Fast 30 Grad, die Sonne brennt auf die Rosen im Garten des Weißen Hauses. Eine Militärband macht Musik. Donald Trump macht Weltpolitik. Mit fester Stimme sagt er den Satz, den viele befürchtet hatten: "Die USA werden sich aus dem Pariser Klima-Übereinkunft zurückziehen." Die USA als größte Volkswirtschaft der Welt, verabschieden sich aus dem historischen Klima-Deal.
Trump hält das für gut für die Vereinigten Staaten: "America First!" Verlassen kann die USA das Abkommen nach einem langwierigen Trennungsprozess wohl tatsächlich erst, wenn Trump womöglich schon nicht mehr Präsident ist - nach der Wahl 2020. Millionen Jobs würden dadurch gerettet, Milliarden an Beiträgen, unter anderem für den UN-Klimafonds gespart. "Ich kann nicht mit gutem Gewissen einen Deal gutheißen, der die Vereinigten Staaten abstraft", sagte Trump.
Entscheidung kam nicht überraschend
Der Schritt kam am Donnerstag nicht mehr überraschend, es hatte sich bereits in den Tagen und Wochen zuvor eine Tendenz abgezeichnet - obwohl das Weiße Haus und die US-Regierung in sich völlig zerstritten in der Frage war. Auf der einen Seite die Vernunft-Fraktion um Außenminister Rex Tillerson, die gestützt von Wissenschaftlern, ausländischen Kollegen und Wirtschaftsbossen vehement für einen Verbleib in der historischen Vereinbarung warb. Auf der anderen Seite die Eiferer um den Nationalisten Stephen Bannon.
Seit Tagen wurden Informationen durchgestochen. Trump hatte sich eine illustre Schar von Leugnern des menschgemachten Klimawandels eingeladen, als er seine Entscheidung bekanntgab. Die Heritage Foundation, ein erzkonservativer Think Tank, der jede Art von Klimaschutz rundheraus ablehnt, schickte gleich fünf Vertreter in den Rosengarten.
An seiner Seite war auch Vizepräsident Mike Pence - das Gesicht der traditionellen US-Republikaner, die als einzige größere politische Kraft in der Welt den Klimawandel nicht für eine große Gefahr für die Menschheit halten. Schon die Republikaner-Ikone Ronald Reagan hatte 1986 die Solarspiegel aus dem Weißen Haus werfen lassen, die sein demokratischer Vorgänger Jimmy Carter hatte anbringen lassen.
Wirtschaftsexperten: Auswirkungen nur kurzfristig positiv
Die wirtschaftlichen Vorteile für die Vereinigen Staaten dürften sich in Grenzen halten. Aus dem Ausland kamen bereits Signale, dass Marktzugänge für US-Unternehmen dann nicht möglich seien, wenn sie Wettbewerbsvorteile aus dem Nichbeachten von Paris geltend machten. Wirtschaftsexperten glauben, das Setzen auf veraltete, nicht zukunftsträchtige Industrien wie Kohle und Öl werde höchstens kurzfrsitig Arbeitsplätze bringen - langfristig aber in die Sackgasse führen.
Klimaschützer, Politiker und Wirtschaftsführer aus aller Welt hatten schon vorher deutlich gemacht, was sie von der Entscheidung im Weißen Haus halten: Nichts! "Wir stehen auf der richtigen Seite der Geschichte", hatte EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete getwittert. Wer nach seiner Ansicht auf der falschen Seite steht, sagte er nicht explizit, das brauchte er auch nicht.
Das Paris-Abkommen werde auch diese Politik der USA überdauern, betonte Cañete. Zuvor hatten mehrere Politiker noch flehentliche Appelle nach Washington geschickt. "Es ist entscheidend, dass alle Parteien am Paris Abkommen festhalten", schrieben die Regierungschefs der stark vom Klimawandel betroffenen nordischen Länder Schweden, Norwegen, Finnland, Island und Dänemark in einem gemeinsamen Last-Minute-Brief an Trump - auch das war vergebens.
Papst Franziskus: Kämpfer für den Klimaschutz
Noch in der vergangenen Woche hatte sich Papst Franziskus bei seiner Begegnung mit dem US-Präsidenten im Vatikan für das Klimaschutzabkommen stark gemacht. Als Geschenk hatte er Trump eine Ausgabe seiner Umwelt-Enzyklika "Laudato si" überreicht.
Neben EU-Politikern hatte auch der Vatikan vor einem Ausstieg gewarnt. Kurienbischof Marcelo Sanchez Sorondo hatte im Vorfeld der Entscheidung von einem "Desaster für alle". Er sagte der italienischen Zeitung "La Republicca", ein solcher Schritt der US-Regierung sei auch eine "große Schmach" für den Vatikan selbst.
Zukunft ungewiss
Ob das Paris-Abkommen, von 195 Ländern unterzeichnet und von 147 bereits ratifiziert - darunter auch die USA - durch Trumps Schritt in seinen Grundfesten erschüttert wird, hängt nun von vielen Faktoren ab. Einer davon heißt China, ein anderer Russland. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang versicherte in Berlin, sein Land werde sich auch in Zukunft an das Pariser Klimaabkommen halten.
Das Reich der Mitte, noch vor den USA größter Produzent von Treibhausgasen in aller Welt, hatte sich in den Monaten des Washingtoner Wankelmuts geradezu als ein Hüter des Weltklimas produziert - eigene wirtschaftliche Interessen immer im Hinterkopf.
Auch Russland will Teil der Paris-Übereinkunft bleiben. Aus dem Kreml verlauteten aber auch Töne, die Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern sind, die eine geheime Allianz zwischen Trump und Wladimir Putin wittern. Es werde natürlich schwer, das Klimaschutzabkommen umzusetzen, wenn wichtige Länder fehlten, sagte Peskow laut Agentur Interfax. Das ließ durchaus aufhorchen.
"Paris ist nicht tot"
Es sei schon ein bitterer Befund, "dass ein Land wie die Volksrepublik China, ein Einparteienstaat autoritärer Art, in der Klimapolitik uns näher steht als die Vereinigten Staaten von Amerika", erklärte Martin Schulz, Kanzlerkandidat der SPD, in Berlin. Parteikollegin und Umweltministerin Barbara Hendricks mühte sich derweil um demonstrative Gelassenheit: "Paris ist nicht tot", sagte sie im rbb-Inforadio.
Ökonomen rechnen Trump und seinen Leuten seit Monaten vor, dass der Verbleib im Klimaabkommen wirtschaftlich sinnvoll wäre. "Wenn wir es nicht schaffen, eine Volkswirtschaft aufzubauen, die wenig Kohlenstoff verbraucht, dann setzt das den Wohlstand in Amerika aufs Spiel", heißt es in einem Brief an den Präsidenten, den die Chefs von 600 US-Unternehmen unterzeichnet haben - darunter Firmen wie Johnson&Johnson oder der Jeans-Hersteller Levi Strauss.