Valletta wird Europäische Kulturhauptstadt 2018

"Festa" in der Festung im Mittelmeer

Im Mittelmeer zwischen Europa und Afrika liegt die Insel Malta. Hier verbinden sich arabische Traditionen mit südeuropäischem Lebensgefühl. 2018 ist Valletta zusammen mit Leeuwarden Europäische Kulturhauptstadt.

Autor/in:
Franziska Broich
Valletta auf Malta / © Bayrisches Pilgerbüro
Valletta auf Malta / © Bayrisches Pilgerbüro

"Früher hatten die Menschen Angst, an der Küste zu leben, wegen der Piraten", erklärt Evans Borg (56), während er mit seinem kleinen Boot vom Nachbarstadtteil Birgu nach Valletta schippert. Zehn Minuten dauert das. Zwischendurch nippt Borg an seiner Kaffeetasse. Früher arbeitete er im Hafen. Nachdem die Regierung, wie er sagt, die Industrie im Hafen an die Mafia verkauft habe, wurde er Gärtner in Schulen.

Früh morgens kümmert er sich um die Pflanzen, damit er nachmittags in seinem Boot sein kann. Jedes Jahr streiche er es neu. Für zwei Euro bringt er Touristen von der Altstadt Vallettas in die Stadt Sanglea oder nach Birgu.

Das Land des Meeres

Das Wasser gehört zu Malta. "Malta. Land des Meeres" heißt die Eröffnungsausstellung der EU-Kulturhauptstadt Valletta 2018. Kuratiert wurde sie von der Österreicherin Maren Richter. Seit fast zehn Jahren bereitet sich Valletta schon auf das Großereignis vor.

2017 arbeiteten bis zu 50 Menschen in Vollzeit am Programm. In einem großen herrschaftlichen Gebäude befinden sich die Büroräume. An den Wänden hängen bunte Postkarten und Plakate. Kreativität und Elan liegen in der Luft.

Ein Fest soll es werden

Das Motto der Kulturhauptstadt Valletta lautet "Festa" (Feier). Malteser feiern gern, treffen Familie und Freunde, lieben Musik, Theater und Fußball. Für eine "Festa" schmücken sie die Hauptstraße, die zum Palast führt, mit grünen Girlanden, Lampen und großen rot-goldenen Fahnen. Eines der größten Feste findet am 10. Februar statt.

Dann wird jenes Schiffbruchs gedacht, den der Apostel Paulus vor der maltesischen Küste erlitten haben soll. Nach ihm ist auch eine Kirche in Valletta benannt. Es heißt, im katholischen Malta gebe es 365 Kirchen, für jeden Tag des Jahres eine. Juwel der Altstadt ist die Johannes-Kathedrale, errichtet zwischen 1573 und 1578.

Gefüllter Hase für Merkel

Auf einem großen Platz neben dem Palast liegen die beiden ältesten Cafes der Hauptstadt. Im "Eddie's" arbeitet Emmanuel Muscat (65). Der braun gebrannte Malteser bedient die Gäste seit 49 Jahren mit Kaffee und maltesischen Spezialitäten, etwa mit Datteln gefülltes Gebäck.

Muscat plaudert gerne. Vergangenes Jahr sei auch Angela Merkel dagewesen. Zum Mittagessen hätten sie ihr gefüllten maltesischen Hasen serviert.

Insel zwischen den Kontinenten

Wer der Straße folgt, erreicht den Castille-Platz. Von hier aus wurden zu Feiertagen Salutschüsse abgegeben, auch zum Gruß an Schiffe und prominente Besucher. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurde zudem stets um zwölf Uhr mittags ein Schuss abgefeuert, um die exakte Zeit anzugeben. Seeleute nutzten diesen Schuss in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, um zu navigieren.

Die Festung Valletta war schon immer umkämpft. In den vergangen 2.500 Jahren herrschten erst die Römer, dann die Araber - und schließlich der Malteserorden. Für Afrikaner war Malta lange Zeit das Tor nach Europa. 360 Kilometer sind es ins libysche Tripolis. Die Straßen sind im Karree angelegt; viele Straßennamen beginnen mit "Al-". Überhaupt übernahmen die Malteser so einige Wörter von den Arabern.

"Malta ist weit mehr als Caravaggio"

Nicht weit von den Kanonen wird im Januar das neue nationale Museum für "Fine Arts" eröffnen. Es heißt "Muza" (Inspiration). Direktor Sandro Debono freut sich schon sehr darauf. In der Sammlung seien italienische, aber auch maltesische Künstler vertreten. "Malta ist weit mehr als Caravaggio", sagt der 47-Jährige. Caravaggio

(1571-1610) floh Anfang des 17. Jahrhunderts vor einer Mordanklage von Rom nach Malta. In der Kathedrale ist immer noch das einzige von ihm signierte Gemälde zu sehen, die "Enthauptung Johannes des Täufers". Laut Debono hat sich zuletzt eine eigene, maltesische Kunstszene entwickelt; junge Menschen, die Lichtinstallationen konzipierten oder andere Ideen verfolgten.

Pasticci und Cannoli

Die Sonne brennt, der Himmel strahlt blau an den meisten Tagen im Jahr. Es riecht nach Gewürzen und angebratenen Zwiebeln. Im kleinen Kiosk Camiliieri kann man die typisch maltesischen Pasticci kaufen; Pasteten gefüllt mit Erbsen oder Rindfleisch. Sie sind von den Briten geblieben; die süßen, mit Riccotta gefüllten Cannoli von den italienischen Einwanderern.

Seit dem Pariser Vertrag 1814 war Malta ein wichtiger Teil des Britischen Reiches. Erst 1964 wurde es unabhängig. Doch noch bis zur Schließung des Militärstützpunktes 1979 waren die Briten auf der Insel präsent. Englisch blieb auch offizielle Landessprache. Borg legt kurz mit seinem Boot an der Steinmauer der Festung an. Die nächsten Touristen warten schon. Er holt sich kurz ein Pasticci, dann geleitet er die Besucher auf sein Boot und schippert davon.


Quelle:
KNA