Vatican News über die Weihnachtsansprache des Papstes

"Missbrauch war wichtigstes Thema"

Ist Papst Franziskus milde geworden? Zumindest hat er seinen Mitarbeitern in seiner traditionellen Weihnachtsansprache nicht die Leviten gelesen, so Pater Bernd Hagenkord von "Vatikan News". Dennoch habe er deutliche Worte gefunden. 

Papst Franziskus hält seine Weihnachtsansprache / © Andrew Medichini (dpa)
Papst Franziskus hält seine Weihnachtsansprache / © Andrew Medichini ( dpa )

DOMRADIO.DE: Im vergangenen Jahr ist Missbrauch ein großes Thema in der katholischen Kirche gewesen. Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Papst in Bezug dazu äußert. Inwiefern ist das in der Weihnachtsansprache des Papstes signifikant gewesen?

Pater Bernd Hagenkord (Leiter der deutschsprachigen Reaktion von "Vatican News"): Missbrauch war dieses Jahr das wichtigste Thema in der Ansprache, weil sie zwischen zwei Ereignissen liegt. Zum einen hat sich der Papst im Januar vergangenen Jahres in Chile im Wort vergriffen und von Verleumdungen gesprochen. Das hat er im Nachhinein in einem öffentlichen Brief zurückgenommen. Zum anderen werden im Februar sämtliche Vorsitzenden der Bischofskonferenzen der Welt zusammen treffen, um über das Thema zu sprechen. Innerhalb dieser Spannung hat der Papst nochmal ganz klar sein Bekenntnis abgelegt, was die Kirche machen will und wo sie steht.

DOMRADIO.DE: Ein anderes großes Thema für Papst Franziskus ist die Kurienreform. Er will die Kirche grundsätzlich verändern und hat unter anderem in diesem Jahr ein neues Statut für den Vatikan veröffentlicht. Inwiefern hat er die Kurienreform und die Probleme der Abläufe in seiner Ansprache thematisiert?

Hagenkord: Seit seinem Amtsantritt 2013 hat der Papst jedes Jahr von der Reform gesprochen. Dieses Mal wurde sie relativ wenig thematisiert. Berühmt geworden ist ja die Ansprache über die 15 Krankheiten der Seele, danach gab es zwölf Tugenden und so weiter. Dieses Thema kam zwar auch vor, wurde aber relativ heruntergefahren. Er hat eher an das erinnert, was alles gemacht worden ist. Was als Nächstes kommt, war nicht das große Thema, obwohl es sich natürlich durchzieht. Aber zum Beispiel hat der Papst keinen Beichtspiegel vorgelegt und keine Gewissensrechenschaft eingefordert. Auch seine Sprachbilder waren etwas zurückhaltender und nicht so blumig, wie in den vergangenen Jahren.

DOMRADIO.DE: Wie sieht es beim Klerikalismus aus?

Hagenkord: Der kam überhaupt nicht vor. Wenn überhaupt, dann versteckt. Der Papst hat beispielsweise relativ deutlich die Forderungen zu Viganò zurückgewiesen. Der Papst hat seinen Namen nicht genannt, aber sehr deutlich gesagt, was von seinen Vorwürfen zu halten ist. Der Begriff Klerikalismus ist in dem Zusammenhang nicht gefallen, aber ich denke, das Thema war trotzdem mit inbegriffen.

DOMRADIO.DE: Wenn wir auf das vergangene Jahr gucken, dann liegt auch die Jugendsynode hinter uns. 250 Bischöfe aus aller Welt sind in den Vatikan gekommen und haben die Ergebnisse in einem Abschlussdokument festgehalten. Im Januar macht sich der Papst auf den Weg zum Weltjugendtag nach Panama. Das Thema Jugend ist eines der Themen, das die Kirche in diesem Jahr bewegt hat. Ist es auch zur Sprache gekommen?

Hagenkord: Ja, es ist sowohl in der Grußansprache von Kardinal Sodano, als auch vom Papst thematisiert worden. Papst Franziskus hat besonders die Jugendsynode und das Schreiben "Gaudete et exultate" im April als positive Ereignisse dieses Jahres herausgehoben. Er hat auch betont, dass die vielen guten Dinge, die im Vatikan geschehen, oft von den Medien übersehen werden.

Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.


Bernd Hagenkord / © Radio Vatikan (dpa)
Bernd Hagenkord / © Radio Vatikan ( dpa )
Quelle:
DR