Vatikan-Botschafter hat Scholz-Audienz begleitet

Wie bringt man den Kanzler zum Papst?

Staatsgäste zum Papst zu begleiten, ist eine der Hauptaufgaben des deutschen Botschafters im Vatikan. Wenn der Kanzler kommt, ist das aber doch etwas besonderes, erzählt Bernhard Kotsch. Monatelang wurde die Scholz-Visite vorbereitet.

Bundeskanzler Olaf Scholz und Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Bundeskanzler Olaf Scholz und Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Am Samstag hat Papst Franziskus zum ersten Mal den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz zur Privataudienz im Vatikan empfangen. Sie haben ihn als Botschafter begleitet. Wie haben Sie das Treffen erlebt? 

Bernhard Kotsch, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Bernhard Kotsch, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )

Bernhard Kotsch (Botschafter der Bundesrepublik Deutschland am Heiligen Stuhl): Für uns bedeutet das immer viel Vorbereitung in den Wochen davor. Circa zwei Monate muss man rechnen, wenn man so einen Besuch gut planen will. Insofern ist der Besuch natürlich der Höhepunkt und der Endpunkt einer langen Arbeitszeit. 

DOMRADIO.DE: Was muss im Vorhinein da alles geklärt werden, dass so ein Besuch stattfinden kann? 

Kotsch: Das beginnt erst mal damit, dass man sich auf ein Datum einigt, was weder beim Bundeskanzler noch beim Papst besonders einfach ist. Das geht weiter über Fragen des Ablaufs, der Uhrzeit, der Sicherheit. Mit welcher Maschine kommt der Kanzler an? Wie wird das am Flughafen abgewickelt? Alles Themen, die reibungslos funktionieren müssen. Dafür muss im Detail immer viel vorbereitet werden. 

DOMRADIO.DE: Jetzt sind Sie ja nicht bloß dafür da, den Kanzler zu empfangen. Es ist ja zum Beispiel in Deutschland auch so, dass die Ministerpräsidenten alle den Papst treffen. Das hat mit den Konkordaten zu tun. Ist das noch mal eine andere Dimension, wenn der Papst den Regierungschef der Bundesrepublik empfängt? Ist das komplizierter?

Kotsch: Vom Ablauf her ist es eigentlich ähnlich gestaltet. Wir orientieren uns da auch an den Protokollvorgaben des Heiligen Stuhls. Die sind in etwa gleich für Ministerpräsidenten und für Regierungschefs.

Für den Bundeskanzler spielt es sich aber trotzdem noch mal auf einer anderen Ebene ab, weil er natürlich der Regierungschef des größten EU-Mitgliedslandes ist. Da wird noch mal eine andere protokollarische Ebene hervorgehoben. Es gibt die sogenannten Ehrenbegleiter, die Gentiluomini, die mitkommen dürfen. Allein das gibt schon noch mal eine andere Atmosphäre. Also gibt es schon noch mal kleine Unterschiede. 

Bernhard Kotsch

"Für den Bundeskanzler spielt es sich aber trotzdem noch mal auf einer anderen Ebene ab."

DOMRADIO.DE: Wie läuft das denn protokollarisch ab? Wie bringt man den Kanzler zum Papst? 

Der Damasus-Hof, hier bei der Vereidigung der Schweizergardisten 2014 / © Oliver Sittel (KNA)
Der Damasus-Hof, hier bei der Vereidigung der Schweizergardisten 2014 / © Oliver Sittel ( KNA )

Kotsch: Der erste Unterschied ist schon, dass der Bundeskanzler aus Sicherheitsgründen von der italienischen Polizei ab Eintreffen begleitet wird. Die italienische Polizei stoppt dann bei der Einfahrt in den Vatikan, weil das nicht mehr ihr Zuständigkeitsgebiet ist. Ab dort übernimmt die Gendarmerie des Vatikans.

Wir fahren dann in den Damasushof, sozusagen in das Zentrum des päpstlichen Palastes. Er wird dort vom Präfekten des Päpstlichen Haushaltes, Monsignore Sapienza, empfangen. 

Er wird dann nach oben in den zweiten Stock begleitet. Dort warten die Schweizergarde und die Gentiluomini, die Ehrenbegleitung. Die Delegation wird aufgereiht, er kann bis zu fünf Begleiter mitnehmen, und dann geht man im geschlossenen Tross durch den päpstlichen Palast bis zum Vorzimmer. Dort wird dann die Delegation "geparkt", und der Kanzler kann in den Empfangsraum eintreten und führt dort wirklich unter vier Augen, nur begleitet von Dolmetschern, das Gespräch mit dem Papst. 

DOMRADIO.DE: Das Gespräch hat 30 Minuten gedauert. Olaf Scholz hat hinterher gesagt, dass es unter anderem um die Kriege im Nahen Osten und der Ukraine ging. Wer entscheidet über die Zeit und die Inhalte dieses Gesprächs? Werden die Inhalte vorher festgelegt? 

Der Papst übergibt Scholz Bände der päpstlichen Dokumente und diesjährigen Botschaft für den Frieden / © --/Vatican Media (dpa)
Der Papst übergibt Scholz Bände der päpstlichen Dokumente und diesjährigen Botschaft für den Frieden / © --/Vatican Media ( dpa )

Kotsch: Ich glaube, dass im Gespräch mit dem Papst die Themen schon vorher bekannt sind oder man sich auf bestimmte Themen konzentriert. Es war völlig klar, dass die Konflikte, die weltweit vorherrschen, natürlich den Papst und den Kanzler ebenso bewegen.

Insofern kann man davon ausgehen, dass diese Themen auch im Mittelpunkt stehen. Am Ende wissen wir es aber nicht, weil es wirklich eine Privataudienz ist.

Was vielleicht sonst noch an Themen besprochen wurde, das erzählt keiner von beiden und das ist auch gut so, weil damit auch ein besonderer Raum des Vertrauens geschaffen wird. Das soll auch so bleiben. 

Bernhard Kotsch

"Hier haben sich nicht zwei Fremde getroffen."

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus ist immer noch gesundheitlich angeschlagen. Wie haben Sie denn persönlich das Aufeinandertreffen der beiden erlebt?

Kotsch: Wir wurden nach dem Ende der Privataudienz zugeführt und auch vom Papst begrüßt. Als wir in den Raum hinein gegangen sind, konnten wir feststellen, dass zwischen den beiden eine sehr freundschaftliche und offene Atmosphäre geherrscht hat.

Es war die erste Privataudienz, aber die beiden hatten schon mal miteinander telefoniert und es gab eine erste Begegnung am Rande der Beerdigung von Benedikt XVI. Insofern haben sich hier nicht zwei Fremde getroffen, sondern zwei Personen, die vorher schon Kontakt hatten. Es war ein offenes und freundschaftliches Miteinander. So würde ich die Atmosphäre beschreiben.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Krieg und Frieden als Thema - Olaf Scholz bei Papst Franziskus

Trotz Erkrankung empfing der Papst den deutschen Bundeskanzler im Vatikan. Während ihm bei anderen Audienzen des Tages die Stimme fehlte, nahm sich Franziskus Zeit für den Austausch mit Olaf Scholz.

Papst Franziskus und Bundeskanzler Olaf Scholz am 2. März 2024 im Vatikan / © VaticanMedia/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Bundeskanzler Olaf Scholz am 2. März 2024 im Vatikan / © VaticanMedia/Romano Siciliani ( KNA )

 

Quelle:
DR