Vatikan: Keine Kenntnis über Holocaustleugner vor Aufhebung der Exkommunikation

Unwissenheit schützt vor Schaden nicht

Der Vatikan hat nach eigenen Angaben von der Leugnung des Holocausts durch den Traditionalistenbischof Richard Williamson nichts gewusst. Die zuständige päpstliche Kommission "Ecclesia Dei" habe ausschließlich in Kontakt mit dem Generaloberen der Pius-Bruderschaft, Bernard Fellay, gestanden, betonte Kurienkardinal Darío Castrillón Hoyos, der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" vom Donnerstag zufolge.

 (DR)

«Bis zum letzten Moment des Dialogs wussten wir nichts von diesem Williamson», sagte Castrillón Hoyos. Er ist Präsident der für den Dialog mit der traditionalistische Pius-Bruderschaft zuständigen Vatikan-Kommission.

Papst Benedikt XVI. hatte am Wochenende die Exkommunizierung von vier ultrakonservativen Bischöfen aufgehoben. Zu ihnen gehört der gebürtige Brite Richard Williamson, der die Existenz von Gaskammern und den millionenfachen Mord an Juden leugnet. Diese Entscheidung hatte zu Empörung in der jüdischen Welt geführt. Das israelische Oberrabbinat setzte nach Medienberichten den Dialog mit dem Vatikan wegen der Rehabilitierung Williamsons aus.

Das Dekret zur Rücknahme der Exkommunikation der Traditionalisten sei der Pius-Bruderschaft bereits einige Tage vor der Veröffentlichung ausgehändigt worden. Erst danach habe der Vatikan Kenntnis von den Ermittlungen der Regensburger Staatsanwaltschaft gegen Williamson wegen Holocaustleugnung erhalten. Da die Traditionalisten zu diesem Zeitpunkt bereits das Dekret in Händen gehalten hätten, sei die Aufhebung der Kirchenstrafe nicht mehr rückgängig zu machen gewesen, verteidigte Castrillón Hoyos das Vorgehen des Vatikans.

Unterdessen versicherte die französische Bischofskonferenz gegenüber jüdischen Gemeinschaft in Frankreich, sie werde sich unverbrüchlich für den Dialog und die Freundschaft einsetzen. Die Bischöfe verureilten französischen Medien zufolge nachdrücklich die «unakzeptablen und skandalösen Äußerungen» von Williamson.

Der Generalobere der Bruderschaft erkannte nach Angaben von Kuriendkardinal Hoyos die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils im Gespräch bereits an. «Die volle Gemeinschaft wird kommen, es bleiben nur noch einige Schwierigkeiten.» Offen seien jedoch noch Fragen der Gewissensfreiheit und der Ökumene.

Der «Süddeutschen Zeitung» (Donnerstagsausgabe) zufolge wird im Vatikan auf die Verantwortung des Präsidenten der päpstlichen Kommisison «Ecclesia Dei» für die Affäre um die Exkommunikation hingewiesen. «Womöglich wollte der 79 Jahre alte Hoyos die Wiedereingliederung der Lefebvristen noch rasch vor seinem Ausscheiden aus dem Amt durchsetzen», zititiert die Zeitung vatikanische Quellen.

Der Präsident des Päpstlichen Einheitsrats, Kardinal Walter Kasper, hatte sich dagegen skeptisch über eine rasche Lösung der Streitfragen zwischen dem Vatikan und der Priesterbruderschaft geäußert. Nach Auffassung des deutschen Kurienkardinals ist die Aufhebung der Exkommunikation für die vier Bischöfe der Bruderschaft der Beginn eines langwierigen Prozesses.

Die Pius-Bruderschaft wurde 1970 von dem französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet und lehnt die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils der sechziger Jahre ab. Dazu zählen die Anerkennung der Religionsfreiheit und der Dialog mit anderen Kirchen und Religionen.