Der Papst zeige mit seinem Schreiben, "dass jeder von uns etwas tun kann, seien es Einzelne, seien es Organisationen, seien es Initiativen, Staaten, Zivilgesellschaften oder kirchliche Gruppen", sagte Czerny Radio Vatikan (Montag). Der tschechische Jesuit und Menschenrechtsexperte ist einer der engsten Mitarbeiter des Papstes in der von diesem geschaffenen Vatikanbehörde für Menschenrechte und Entwicklung, die sich unter Franziskus' Leitung dem Thema Migration und Flüchtlinge widmet.
"Praktische Antworten"
Der Papst sammelt in seiner am Montag veröffentlichten Botschaft laut Czerny eine "Breite von ganz praktischen Antworten". Diese setze er "erschütternden und uns verwirrenden Bildern und Botschaften" zum Thema Migration und Flüchtlinge entgegen, um den Menschen Optimismus und Hoffnung zu geben. Es gehe darum, sich "auf konkrete Menschen in konkreten Situationen zu konzentrieren". Czerny betont weiter, das jeder Migrant individuelle Gründe habe: "Wenn wir ihnen in ihrer Einzigartigkeit und Individualität begegnen, dann fällt viel von der Krise, wie wir sie sonst wahrnehmen, weg."
Mit "Großzügigkeit, Gelassenheit, einem sehr menschlichen Geist und Glauben" lasse sich auf das Migrationsphänomen antworten. "Das zieht sich auch durch die Botschaft und ihre vielen praktischen Punkte", so der Vatikan-Experte. Einige dieser konkreten Vorschläge greift der zweite persönliche Mitarbeiter für Flüchtlings- und Migrationsfragen des Papstes, der italienische Migrationsexperte Fabio Baggio, im Gespräch mit dem Vatikan-Sender auf. Papst Franziskus sei es ein großes Anliegen, für Migranten und Flüchtlinge mehr Möglichkeiten einer sicheren und legalen Einreise zu schaffen.
Eine geeignete Lösung
"Wir beziehen uns hier besonders auf alle Menschen, die vor Konflikten fliehen, vor Verfolgung, Krieg und Unsicherheit sowie auf einige, die um zu Überleben aus Situationen extremer Armut fliehen, aus einem Lebensunterhalt am Existenzminimum", so Baggio. Kollektive und willkürliche Ausweisungen von Migranten und Flüchtlingen seien keine geeignete Lösung, weil die Betroffenen oft keine Möglichkeit hätten, ihren persönlichen Fall darzulegen sowie Einspruch gegen die Ausweisung einzulegen. Mit seiner Kritik an solchen Ausweisungen liege der Papst "auf einer Linie mit der sehr viel gesünderen und sehr viel menschlicheren Sicht der Internationalen Gemeinschaft".
In seinem sehr konkret gehaltenen Schreiben unter dem Motto "Die Migranten und Flüchtlinge aufnehmen, beschützen, fördern und integrieren" plädiert der Papst unter anderem für humanitäre Korridore und Sondervisa für Menschen aus Konfliktgebieten. Er macht sich weiter für Familienzusammenführung und eine Grundsicherung stark. Unter anderem sollten Migranten und Flüchtlinge auch Bankkonten eröffnen können, Zugang zur Gesundheitsversorgung erhalten und im Aufnahmeland erworbene Rentenansprüche bei einer Rückkehr in ihre Heimat mitnehmen können.