Im Fall des unter Missbrauchsverdacht stehenden früheren Bischofs von Brügge hat der Vatikan die belgischen Bischöfe laut Medienberichten um ein neues Dossier zu den Vorwürfen gebeten.
Sie hatten Rom wiederholt aufgefordert, Roger Vangheluwe (87) aus dem Klerikerstand zu entlassen - die kirchliche Höchststrafe nach Missbrauch Minderjähriger.
Skandal beschädigte auch den Ruf von Kardinal Godfried Danneels
Wie die katholische Wochenzeitung "The Tablet" berichtet, bot Belgiens Justizminister Paul Van Togchelt dem Vatikan an, pornografische Bilder von Vangheluwes Computer vorzulegen, die Ermittler dort gefunden hätten. Vangheluwe, von 1984 bis zu seinem Rücktritt 2010 Bischof von Brügge, hatte demnach zugegeben, in den 80er Jahren zwei Neffen missbraucht zu haben.
Der Skandal beschädigte auch den Ruf von Kardinal Godfried Danneels (1933-2019), der Vangheluwes Taten vertuscht haben soll. Danneels galt als Förderer des heutigen Papstes Franziskus.
Seit seinem unter kirchlichem Druck erfolgten Rücktritt lebt Vangheluwe zurückgezogen in einem Kloster und darf sein Heimatbistum nicht mehr betreten. Dennoch bleibt er Bischof im Ruhestand und darf weiter privat die heilige Messe feiern.
Aus dem Klerikerstand entlassen?
Sein Nachfolger, Jozef De Kesel, setzte sich dafür ein, dass Vangheluwe aus dem Klerikerstand entlassen wird. Bischof Johan Bonny von Antwerpen teilte laut "The Tablet" im September mit, dass Belgiens Bischöfe den 87-jährigen Vangheluwe gebeten hätten, aus dem Klerikerstand auszutreten, und auch den Vatikan um diesen Schritt gebeten hätten. Kurz zuvor sei bekannt geworden, dass Vangheluwe nach Rom geschrieben hatte; er weigerte sich demnach jedoch, den Inhalt des Briefs preiszugeben.
Der Botschafter des Papstes in Belgien, Erzbischof Franco Coppola, sagte, er gehe davon aus, dass Vangheluwe in dem Brief nicht um Entlassung aus dem Klerikerstand ersucht habe. Normalerweise wäre der entsprechende Antrag innerhalb von zwei Monaten genehmigt und veröffentlicht worden, sagte Nuntius Coppola nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga.
Erst am Samstag war Coppola von Papst Franziskus empfangen worden. Über Gesprächsinhalte wurde damals nichts mitgeteilt, doch gingen Beobachter davon aus, dass es bei dem Termin um die Affäre Vangheluwe ging.
Nach weltlichem Strafrecht sind die ihm zur Last gelegten Taten verjährt. Laut kirchlichem Strafrecht kann die Verjährung bei schweren Verbrechen ausgesetzt werden. Coppola hatte vor seiner Rom-Reise öffentlich erklärt, er sei "überzeugt, dass Vangheluwe kein Bischof bleiben kann".
Die Affäre droht den geplanten Besuch von Papst Franziskus in Belgien anlässlich des 600-jährigen Bestehens der Katholischen Universität Leuven/Louvain zu überschatten. Der Vatikan hatte die Reise Ende Januar bestätigt.