Vatikandokument widerlegt Vorwürfe gegen Johannes Paul II.

Papst schützte "Legionäre"-Gründer nicht

Papst Johannes Paul II. war offenbar nicht umfassend über die Missbrauchsvorwürfe gegen den Gründer der "Legionäre Christi" informiert. Das geht aus einem vatikanischen Dokument der Glaubenskongregation hervor.

 (DR)

In dem Schreiben vom 17. November 2007, das die italienische Tagezeitung "Il Giornale" am Dienstag veröffentlichte, teilte der Präfekt der Kongregation, Kardinal William Levada, der Heiligsprechungsbehörde mit, dass Johannes Paul II. in keiner Weise persönlich an dem Verfahren gegen Marcial Maciel Degollado beteiligt gewesen sei. Es habe jedoch einige an den Papst gerichtete Briefe mit Anschuldigungen gegen den mexikanischen Ordensgründer gegeben. Ob diese das Kirchenoberhaupt erreichten, geht aus dem Schreiben Levadas nicht hervor.

Der Präfekt der Glaubenskongregation hatte mit dem Schreiben auf eine Anfrage der Kurienbehörde im Zuge des Seligsprechungsverfahrens für Johannes Paul II. geantwortet. Kritiker hatten behauptet, das Kirchenoberhaupt aus Polen habe Maciel geschützt und damit ein entschiedenes Vorgehen gegen ihn verhindert.

Lange Vorgeschichte
Ehemalige Seminaristen der "Legionäre Christi" hatten sich nach Angaben von "Il Giornale" bereits 1978 und 1989 in Briefen an den Papst gewandt. 1998 machten einige Opfer eine offizielle Eingabe an die Glaubenskongregation. Der heutige Papst Benedikt XVI. leitete daraufhin in seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation kirchenrechtliche Ermittlungen gegen den Gründer der "Legionäre" ein. Nach dem Pontifikatswechsel 2005 führte Levada als Nachfolger von Joseph Ratzinger die Untersuchungen weiter.

Maciel war vorgeworfen worden, Seminaristen sexuell missbraucht zu haben. Daraufhin hatte der Vatikan den Ordensgründer 2006 gemaßregelt. Zudem wurde im März 2010 der erste Teil einer apostolischen Visitation der "Legionäre Christi" abgeschlossen, einer Art Ermittlungsverfahren des Vatikan. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden gegenwärtig im Vatikan ausgewertet.

Im November 2009 entschuldigte sich der Generaldirektor der "Legionäre Christi", Alvaro Corcuera, bei den Opfern. Ende März 2010 distanzierten sich die "Legionäre Christi" offiziell von ihrem Gründer. Sie bestätigten zudem, dass er Vater dreier Kinder sei. Maciel war Anfang 2008 im Alter von 87 Jahren in den USA gestorben. Er hatte die Vorwürfe stets bestritten.