DOMRADIO.DE: Kann der Apostolische Nuntius, Erzbischof Nikola Eterović, etwas für die schlechten Nachrichten, die er den deutschen Bischöfen überbringen muss?
Ulrich Nersinger (Journalist und Vatikanexperte): Ob man von schlechten Nachrichten sprechen kann, liegt wohl in der Sicht des Betrachters. Der Apostolische Nuntius hat eine Botschaft überbracht, die die Sorge des Heiligen Vaters darüber ausdrückt, was in Deutschland als Synodalität verstanden wird und wie der Papst sich selber definiert und sieht.
DOMRADIO.DE: Wenn Bischof Bätzing den Nuntius kritisiert, kritisiert er damit gleichzeitig auch den Papst?
Nersinger: Ja, das ist eine klassische Situation. Man prügelt auf den Überbringer der Botschaft ein, meint aber eigentlich den Verfasser der Botschaft. Nuntius heißt ja nicht nur Botschafter, sondern auch Botschaft, wenn man mal vom Lateinischen ausgeht. Entsprechend ist das nicht die Ansicht des Nuntius, sondern die des Heiligen Vaters.
Man greift damit eigentlich den Heiligen Vater und streng genommen auch sein Reformprogramm an.
DOMRADIO.DE: Diese Kritik übt ein deutscher Bischof, er kritisiert den Papst über den Nuntius. Darf sich Bischof Bätzing denn so äußern oder ist diese Kritik unzulässig?
Nersinger: Ich halte sie für unzulässig, und zwar nicht aus bestimmten ideologischen Gründen heraus. Vielmehr weiß ich nicht, welche Vorstellung Bischof Bätzing von einem Nuntius hat.
Die Aufgaben eines Nuntius sind genau definiert. Papst Paul VI. hat 1969 ein eigenes Schreiben verfasst und hat gesagt, dass der Nuntius die Ansichten und Wünsche der Gläubigen dem Papst und der römischen Kurie zur Kenntnis bringen soll. Andererseits aber habe er auch das Handeln Roms den Katholiken vor Ort zu verdeutlichen und zu übermitteln.
Nichts anderes hat der Apostolische Nuntius gemacht. Dann verstehe ich nicht die Kritik am Nuntius in einer Art und Weise, an der man eigentlich erkennt, dass man nicht weiß, was ein Nuntius ist oder wie seine Aufgaben sind, und das auch noch in einer Form tut, die nicht gerade dem besten Stil entspricht.
Was die Sache an sich betrifft: Wenn man aus einem Gefühl heraus Kritik übt, worauf sich auch Bischof Bätzing beruft, möchte ich mit einem Zitat von Georg Wilhelm Friedrich Hegel antworten. Er hat mal in einer Vorlesung gesagt, man beruft sich häufig auf sein Gefühl, wenn die Gründe ausgehen. So einen Menschen muss man stehen lassen, denn mit dem Appellieren an das eigene Gefühl ist die Gemeinschaft unter uns abgerissen.
Das sind sehr harte Worte, aber die treffen doch, glaube ich, etwas die Situation.
DOMRADIO.DE: Der päpstliche Botschafter ist eigentlich auch Diplomat und handelt bestenfalls diplomatisch. Manche Beobachter sagen aber, dass er nicht so diplomatisch gehandelt hat. Zum Beispiel hätte er die Position nicht unbedingt öffentlich in seinem Grußwort betonen müssen, sondern vielleicht diskret hinter verschlossenen Türen. Ist da etwas dran? Wäre das diplomatischer?
Nersinger: Wenn eine Situation allen deutlich vor Augen kommt und wenn die betreffenden Personen das alles in Deutschland geäußert haben, dann muss man auch eine offene und klare Antwort geben, damit auch die Gläubigen in Deutschland wissen, was Rom denkt, wie Rom sein Reformprogramm, das wir ja nun alle unterstützen wollen, betrachtet.
DOMRADIO.DE: Der Papst beschäftigt sich gerade verhältnismäßig viel mit Deutschland. Müsste man vielleicht Erzbischof Nikola Eterović auch loben?
Nersinger: Ich sehe keinen Grund, den Nuntius zu kritisieren, denn er erfüllt das, was das Kirchenrecht und auch das Dekret, das der Papst 1969 verfasst hat, fordert. Er ist eigentlich ein Sprachrohr des Papstes. Er ist kein Vermittler in dem klassischen Sinn, dass er für die Gläubigen oder für den Bischof oder für bestimmte Richtungen Partei ergreift. Er ist im Grunde insoweit Partei, indem er vor allen Dingen den Willen des Papstes kundtut.
Das Interview führte Florian Helbig.