Jesus riet seinen Jüngern, sich um ihre Verteidigung vor Machthabern und Gerichten keine Sorgen zu machen. Der Heilige Geist, heißt es im Evangelium, werde ihnen eingeben, was sie sagen sollten. Allein Pater Federico Lombardi weiß, wie oft er in den vergangenen Jahren den Heiligen Geist um das rechte Wort anflehte, wenn er der Welt heikle Fragen zu erklären hatte, etwa den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche, die Operationen der Vatikanbank oder die Äußerung des Papstes zum armenischen Genozid.
Nachfolger von Joaquin Navarro-Valls
Vor zehn Jahren, am 11. Juli 2006, ernannte Benedikt XVI. (2005-2013) den gebürtigen Piemonteser zum Direktor des vatikanischen Presseamtes. Kein leichter Job: Sein Vorgänger war Joaquin Navarro-Valls (heute 79), ein gewandter spanischer Journalist, Arzt und Opus-Dei-Mann, der 22 Jahre lang die Medienwahrnehmung des Vatikan geprägt hatte. Mehr als Unterschiede im persönlichen Stil war für Lombardi ein Handicap, dass der Heilige Stuhl ein anderes Verhältnis zur Öffentlichkeit hat als andere internationale Organisationen oder demokratisch gewählte Regierungen.
Er sei eigentlich nicht Sprecher des Papstes, sagte Lombardi einmal. Der Papst, argumentierte er, könne sich schließlich klar und deutlich genug zu Wort melden. Hinter der Selbstzurücknahme steckt vielleicht aber auch das Wissen, dass weder der Papst selbst noch die Leitungszentrale der Kirche, das vatikanische Staatssekretariat, ihren Pressemann so aktiv in ihre Beratungen einbinden, wie es für einen Sprecher nötig wäre.
Feuerprobe mit Benedikt XVI. in Regensburg
Seine Feuerprobe erlebte Lombardi im September 2006 bei seiner ersten Papstreise in der neuen Rolle: Benedikt XVI. flocht in einem Vortrag in Regensburg ein historisches Zitat zum Islam ein. Mitreisende Journalisten, die das Redeskript kurz vorher sahen, warnten Lombardi. Er konnte nicht mehr eingreifen. Lombardi konnte nur nachträglich erklären, beteuern, besänftigen.
Das jedenfalls kann er sehr gut. Nach der Schule durchlief er die Ordensausbildung bei den Jesuiten, die besonderes Gewicht auf intellektuelle Formung, Reflexionsfähigkeit und Unterscheidungsgabe legen. Ein Mathematikstudium schärfte die Unbestechlichkeit seines Denkens; ein vierjähriger Studienaufenthalt an der Jesuiten-Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt weitete seinen internationalen Horizont.
Lombardi wurde Journalist bei der renommierten Jesuiten-Zeitschrift "Civilta Cattolica"; 1977 stieg er zum Vize-Chefredakteur auf. Vermittlungsgeschick war gefragt, als er von 1984 bis 1990 in kirchenpolitisch unruhigen Zeiten die italienische Jesuitenprovinz leitete. Den Schritt in den Vatikan tat er 1991: Er wurde Programmdirektor von Radio Vatikan, 2001 Leiter des vatikanischen Fernsehdienstes CTV, 2005 schließlich auch Senderchef von Radio Vatikan.
Eine Häufung an Ämtern und Verantwortung - aber nicht unbedingt an Informationszugängen. Das sorgte immer wieder für Kommunikationspannen, etwa 2009 bei der Rücknahme der Exkommunikation für den Traditionalisten-Bischof Richard Williamson, der gerade zuvor den Holocaust geleugnet hatte. Mit dem folgenden Papst Franziskus verbindet Lombardi zwar das jesuitische Denken. Nur sorgen spontane Einlassungen des Papstes gelegentlich dafür, dass der Sprecher die Dinge wieder glattbügeln muss.
Im Privatleben bescheiden
Privat blieb Lombardi bescheiden. Er bewohnt ein einfaches Zimmer in der Jesuiten-Zentrale unweit vom Presseamt; das Bad teilt er sich mit Mitbrüdern auf dem Flur. Oft kam er von der Arbeit spät nach Hause - und musste mit den Resten vom Abendessen des Konvents vorlieb nehmen.
Einen seiner letzten Einsätze als Sprecher hatte er am Donnerstag beim Urteil im "Vatileaks"-Prozess. Lombardi organisierte ein Briefing, stellte ein Blatt mit Erläuterungen zusammen, machte sich selbst so schlau, wie es die Kürze der Zeit zuließ. Geduldig führte er durch die schwierige Materie, beantwortete Fragen, wie stets unter Räuspern und oft mit der Einschränkung "soweit ich das verstanden habe".
Am Ende applaudierten die Journalisten. Als wollten sie sagen: Der Pater auf dem Podium meint es ehrlich. Lombardi weiß um diese Sympathie. Aber vielleicht ist der bald 74-Jährige auch froh, mit seinem Wechsel in den Ruhestand am 1. August einfach wieder nur Jesuit zu sein.