Venezuela steigt aus der Organisation Amerikanischer Staaten aus

Auf dem Weg in die diplomatische Isolation

Inmitten der tiefen politischen Krise kündigt Venezuela seinen Ausstieg aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) an.

Autor/in:
Tobias Käufer
Demonstranten versuchen sich während eines Protests am 26.04.2017 in Caracas (Venezuela) vor Tränengas zu schützen / © José Cohen (dpa)
Demonstranten versuchen sich während eines Protests am 26.04.2017 in Caracas (Venezuela) vor Tränengas zu schützen / © José Cohen ( dpa )

Am Ende zog Venezuelas Staatspräsident Nicolas Maduro die Notbremse. Als die tiefe politische Krise des Landes bei einer Sitzung der Außenminister der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Thema werden sollte, kündigte Außenministerin Delcy Rodriguez an, das Land werde den Staatenbund verlassen. Das geschehe "für seine Würde, Unabhängigkeit, Souveränität, für den Frieden und die Zukunft des Vaterlandes", so Rodriguez, eine linke Hardlinerin in der Regierung. Zuvor hatten selbst frühere befreundete Länder wie Uruguay und Chile mit moderaten Linksregierungen scharfe Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in Venezuela geübt.

Rodriguez hatte immer wieder betont, das Land verbitte sich eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten. Unterstützung erhielt die Maduro-Regierung zuletzt nur noch von Boliviens Staatspräsident Evo Morales, der die USA als Drahtzieher hinter den Unruhen vermutet; und aus Ecuador, dessen jüngst mit hauchdünner Mehrheit gewählter Linkskandidat Lenin Moreno ungeachtet der Ereignisse in Venezuela die Unterstützung für das Land aufrecht erhalten will.

Rückendeckung aus den eigenen Reihen

In den eigenen Reihen gibt es für diesen Weg Rückendeckung. Diosado Cabello, Vizepräsident der Regierungspartei PUSV und ehemaliger Parlamentspräsident, erklärte, der Staatenbund hätte erneut seine eigenen Regeln verletzt, wenn er ohne Venezuela über Venezuela spräche. Damit habe sich die OAS als Komparse des Imperialismus präsentiert, und die Regierungen der Region hätten sich als Richter über Venezuela in der OAS aufgespielt. Vizepräsident Tareck El Aissami warf der OAS vor, dem venezolanischen Volk Schaden zufügen zu wollen.

Oppositionsführer Henrique Capriles warnte dagegen die Regierung vor einem Rückzug aus der OAS. Dies wäre ein schwerer Verstoß gegen die Verfassung, sagte der Gouverneur von Miranda, der als wichtigster Kopf der venezolanischen Opposition gilt. Zudem würde ein solcher Rückzug mindestens zwei Jahre dauern, ehe er rechtskräftig vollzogen sei, so Capriles. Der Kampf für die Freiheit gehe ungeachtet der Ankündigung der Regierung weiter. Damit geht Venezuela weiter einen Weg in die selbstgewählte politische Isolation. Bereits das Bündnis Mercosur hatte Venezuela wegen der Aussetzung der Regional- und Kommunalwahlen ausgeschlossen.

Menschenrechtsverletzungen angesprochen

Bei einer Sitzung der Außenminister, zu der Rodriguez nicht eingeladen war, versuchte sich die venezolanische Chefdiplomatin trotzdem Zugang zu verschaffen, wurde aber von Sicherheitskräften daran gehindert. Zwischen der OAS und Venezuela kriselt es schon lange, nachdem OAS-Generalsekretär Luis Almargo die schweren Menschenrechtsverletzungen in Venezuela immer wieder öffentlich angesprochen hatte.

Venezuela wird seit mehr als drei Jahren von einer schweren Versorgungskrise und schweren politischen Spannungen erschüttert. Die Opposition wirft der Regierung vor, für die katastrophale Versorgungslage und die Unterdrückung von demokratischen Grundrechten verantwortlich zu sein. Die jüngste Protestwelle entzündete sich an dem gescheiterten Versuch der Justiz, das Parlament zu entmachten - in dem die Opposition die Mehrheit hat - sowie einem Berufsverbot für Oppositionsführer Capriles.

Massenproteste auf den Straßen

Die Regierung hatte jüngst eine weitere Aufrüstung von regierungsnahen Milizen angekündigt. Jedes Mitglied erhalte ein Gewehr, versprach Maduro; es gelte, die Revolution zu radikalisieren. Der Vatikan hatte vor wenigen Wochen versucht, zwischen beiden Seiten zu vermitteln. Die Gespräche verliefen allerdings im Sande. In den nächsten Tagen will die Opposition ihre Massenproteste auf den Straßen fortsetzen.

Unterdessen erhielt Venezuelas Opposition Unterstützung von unerwarteter Seite. Die mexikanische Schauspielerin und Emmy-Preisträgerin Salma Hayek solidarisierte sich in einer Videobotschaft mit den Demonstranten. Sie hoffe, dass das venezolanische Volk auch weiter den Mut habe, seiner Meinung auf friedliche Weise auf der Straße Ausdruck zu verleihen.

Der Vatikan und die Krise

Erst am Dienstag hat sich der Vatikan einem Zeitungsbericht zufolge hinter den während eines Gottesdienstes in Venezuela attackierten Erzbischof von Caracas, Kardinal Jorge Urosa Savino, gestellt. Wie die regierungskritische Tageszeitung "El Nacional" am Dienstag (Ortszeit) berichtete, habe Urosa einen Anruf von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin erhalten, in dem dieser die Solidarität des Vatikan mit Urosa ausgedrückt habe.

Mitte April hatten Anhänger der sozialistischen Regierung einen Gottesdienst von Urosa in Caracas gestört, dabei war es auch zu einem Handgemenge mit Gläubigen gekommen. Urosa hatte zuletzt immer wieder das Recht der Menschen in Venezuela bekräftigt, ihre Grundrechte zu verteidigen.


Quelle:
KNA