Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauch legt Empfehlungen vor

Verbindliche Kriterien für Einrichtungen

Die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch hat Empfehlungen zur Aufarbeitung in Institutionen vorgestellt. Unter anderem soll die Aufarbeitung von einem unabhängigen Team begleitet werden.

Symbolbild Missbrauch / © 271 EAK MOTO (shutterstock)

Damit sollen Einrichtungen wie Schulen, Sportverbände und Kirchengemeinden verbindliche Kriterien an die Hand bekommen, wie die Kommission am Dienstag in Berlin mitteilte. Nach ihren Angaben haben sich seit 2016 bislang 1.500 Betroffene gemeldet. Die Empfehlungen basieren auch auf deren Schilderungen.

Konkret heißt es in der 49-seitigen Handreichung, dass die Institutionen aufgeschlossen gegenüber den Rechten der Betroffenen sein sollen. Die Kommissionsmitglieder schlagen zudem vor, die Aufarbeitung von einem unabhängigen Team zu begleiten. Zudem müsse öffentlich gemacht werden, dass Betroffene sich am Prozess beteiligen können. Sie sollten auch die Möglichkeit erhalten, sich zu vernetzen.

Bislang keine einheitlichen Standards für die Aufarbeitung sexueller Gewalt

Die beim Missbrauchsbeauftragten Johannes-Wilhelm Rörig angesiedelte Kommission gibt es seit 2016. Bislang gibt es keine einheitlichen Standards für die Aufarbeitung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Rörig ist dazu unter anderem in Gesprächen mit den Kirchen. Mit dem Missbrauchsbeauftragten der katholischen Kirche, Bischof Stephan Ackermann, einigte er sich am vergangenen Freitag auf Eckpunkte für eine Aufarbeitung. In der Vergangenheit gab es bei Aufarbeitungsprozessen einzelner Einrichtungen unter anderem Diskussionen darüber, inwieweit Forscher Zugang zu Personalakten erhalten und in welcher Form Betroffene von Missbrauch selbst in die Aufarbeitung eingebunden werden.

Die Vorsitzende der Kommission, Sabine Andresen, erklärte, mit den Empfehlungen werde es Betroffenen ermöglicht, gegenüber Institutionen einzufordern, dass sie nicht "planlos und willkürlich vorgehen, sondern sich an übergreifenden Kriterien orientieren". Viele Einrichtungen hätten in den vergangenen Jahren Schutzkonzepte eingeführt. Prävention ohne tiefgreifende Aufarbeitung laufe jedoch Gefahr, wirkungslos zu bleiben, wenn bestimmte Strukturen weiterhin bestünden.

Eine zentrale Grundlage für den Kinderschutz

Die Frankfurter Erziehungswissenschaftlerin betonte, sie gehe auch davon aus, dass Aufarbeitung eine zentrale Grundlage für den Kinderschutz sei. Die jeweilige Institution müsse dem Aufarbeitungsteam Einsicht in alle relevanten Aktenbestände gewähren, also auch in Personalakten und andere vertrauliche Dokumente.

Die Kommission empfiehlt Institutionen auch, sich bei komplexen Rechtsfragen anwaltlich beraten zu lassen. So müsse etwa für die Aufarbeitung ein Datenschutzkonzept erstellt werden, auf dessen Grundlage "Betroffene und Zeitzeugen über die Erhebung und Verwendung ihrer Daten informiert" würden. Die Aufarbeitungsteams müssten dann abwägen, "ob und wie Namen von Tätern und Täterinnen sowie Vertuschenden genannt werden", heißt es. Die Handreichung wurde bei einer Tagung in Berlin vorgestellt.


Johannes-Wilhelm Rörig / © Matthias Jung (KNA)
Johannes-Wilhelm Rörig / © Matthias Jung ( KNA )

Bischof Stephan Ackermann während einer Rede / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Stephan Ackermann während einer Rede / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA