Am Donnerstag hat die Deutsche Bischofskonferenz in Berlin eine Arbeitshilfe vorgestellt, die die Situation der Christen auf der Arabischen Halbinsel beleuchtet. Die Veröffentlichung ist Teil der Initiative "Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit".
domradio.de: Zur Arabischen Halbinsel gehören ja ganz unterschiedliche Länder wie die Golfstaaten, der Jemen, Saudi-Arabien. Wie unterschiedlich sind denn die Situationen der Christen in diesen Ländern?
Erzbischof Ludwig Schick (Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz): Die Situation ist schon sehr unterschiedlich. Wenn man zum Beispiel Saudi-Arabien nimmt: Da ist jede christliche Religionsausübung verboten, aber auch alle anderen Religionen dürfen dort nicht praktizieren - außer der wahhabitischen-sunnitischen Richtung des Islam. Auch im Jemen können Christen nicht leben und sich nicht als Christen zeigen. In anderen Ländern wie zum Beispiel Bahrain, Katar und Oman ist die Situation anders. Dort haben die Christen Kultusfreiheit. Sie dürfen in ihren Kirchen, die entsprechend abgezirkelt sind, Gottesdienste feiern. Aber außerhalb dürfen auch sie nicht ihr Christentum leben - und schon gar nicht dafür werben, weil die Konversion vom Islam zum Christentum absolut verboten ist.
domradio.de: Gibt es einen Trend auf der Arabischen Halbinsel? Wie hat sich denn die Lage für die Christen in den letzten Jahren entwickelt? Wird es tendenziell leichter oder schwieriger für sie, ihren Glauben überhaupt zu leben?
Erzbischof Schick: Insgesamt ist in den Ländern Dubai, Katar und Oman die Situation erleichtert worden. Aber die Christen, die dort leben, sind ja keine Einheimischen. Sie sind Christen aus verschiedenen Ländern, die dort als Arbeitsmigranten tätig sind. Es sind zum Beispiel Filipinos, Inder, Indonesier, Ägypter oder Äthiopier. Sie leben dort für eine Zeit – solange sie einen Arbeitsvertrag haben. Und gehen dann wieder zurück. Und während ihrer Zeit wird ihnen ihre Religionsausübung erlaubt. Alles andere ist nicht möglich.
domradio.de: Das sind ja gar nicht wenige Leute – mittlerweile sind es etwa vier bis neun Prozent der Bevölkerung. Haben diese Arbeitsmigranten überhaupt irgendeine Lobby?
Erzbischof Schick: Die Kirche ist eigentlich ihre Lobby. Die Kirchen dort sind für die Christen und ihr christliches Leben ganz wichtig, aber auch für das menschliche Leben. Denn diese Arbeitsmigranten haben unter vielerlei zu leiden. Sie haben oft keine richtigen Arbeitsverträge; werden auch ungerecht behandelt. Es gibt Missbrauch, vor allem bei den Frauen, die in Familien arbeiten. Die Kirche hilft dort. Sie stellt auch Rechtsberatung zur Verfügung. Sie hilft auch, wenn jemand ausreisen muss, damit derjenige auch das nötige Geld hat. Für das Christsein und das Menschsein sind die Kirchen für diese Arbeitsmigranten ganz wichtig.
domradio.de: Jetzt hat die Deutsche Bischofskonferenz eine Arbeitshilfe vorgestellt, die die Situation der Christen dort beleuchtet. Was heißt das genau?
Erzbischof Schick: Wir sprechen davon – auch wenn wir von bedrängten und verfolgten Christen reden – von einem Dreipunkteprogramm. Einmal geht es darum, Kenntnis zu verbreiten: Wie geht es Christen in diesen Ländern, in denen sie bedrängt und verfolgt werden? Diesmal liegt der Schwerpunkt auf der Arabischen Halbinsel. Das Zweite ist, dass wir sagen: Wir wollen auch an einander denken und füreinander beten. Am 26. September, dem Stephanustag, ist ja auch der Gebetstag für die verfolgten und bedrängten Christen. Das Dritte ist, dass man auch solidarisch ist - also mit finanziellen Hilfen diesen bedrängten Christen beisteht. Das tun wir zum Beispiel mit Aufbauhilfe für zerstörte Kirchen, Schulen oder Kindergärten. Die Hilfswerke vor Ort sind Missio oder Misereor. Dieser Dreiklang unter Christen soll lebendig gehalten werden.
Das Gespräch führte Heike Sicconi.