Versuch von "Jasmin-Protesten" in China

Eher symbolische Bedeutung

In mehreren chinesischen Städten hat es am Sonntag zum zweiten Mal Ansätze zu sogenannten "Jasmin-Protesten" gegeben. Unbekannte hatten über das Internet einen Aufruf zu Demonstrationen gegen die chinesische Führung gestartet. In Peking verhinderte ein Großaufgebot von Sicherheitskräften die Versammlung. Polizisten nahmen mindestens zwei Menschen fest. Von Protesten in anderen Städten lagen zunächst keine Informationen vor.

Autor/in:
Felix Lee
 (DR)

Die Organisatoren hatten zuvor zum "Nachmittagsspaziergang" aufgerufen und den Aktivisten empfohlen, so zu tun, als ob sie zufällig vorbeikommen. Sie sollten sich auf keinen Fall zu erkennen geben, hieß es in dem anonymen Aufruf, der auf der regimekritischen Webseite "Boxun" Mitte der Woche veröffentlicht wurde.



Beim ersten Protest vor einer Woche hatten chinesische Sicherheitskräfte nach Angaben des Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratie in Hongkong landesweit rund 100 Menschen festgenommen oder sie unter Hausarrest gestellt. Darunter befanden sich zahlreiche Anwälte und Regimekritiker.



Verschärfte Zensur

In ihrem Online-Aufruf beziehen sich die unbekannten Initiatoren auf die Jasmin-Revolte in Tunesien und die prodemokratischen Proteste in anderen arabischen Ländern. Ihre Forderung nach einer "Jasmin-Revolution" in China geht einher mit dem Ruf nach politischen Reformen, sozialer Gerechtigkeit und mehr Freiheit.



Die Organisatoren selbst messen der Aktion eher symbolische Bedeutung bei. "Kurzfristig rechnen wir mit keinem tiefgreifenden Wandel", heißt es in ihrem Aufruf. Dennoch solle gegenüber der chinesischen Führung ein deutliches Zeichen gesetzt werden. Am kommenden Freitag beginnt die Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses, auf dem die Regierung den zwölften Fünfjahresplan verabschieden will.



Die chinesischen Sicherheitsbehörden verschärfen seit Tagen die Kontrollen. Internetseiten mit Begriffen wie "Ägypten" oder "Jasmin" sind gesperrt. Zudem erhielten eine Reihe von ausländischen Korrespondenten Warnungen.



Steigende Preise

Zugleich zeigte sich auch Chinas Premierminister Wen Jiabao besorgt über die Lage im Land. Steigende Preise wirkten sich auf die soziale Stabilität aus, sagte er am Sonntag in einem öffentlichen Online-Chat, über den auch die Staatsmedien berichteten. Wen versprach eine gerechtere Einkommensverteilung und umfangreiche Investitionen in das Sozialsystem. Zudem sagte er Spekulanten den Kampf an.



Ähnlich wie in Tunesien oder Ägypten sind die Preise für Lebensmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs auch in China in den vergangenen Monaten in die Höhe geschossen. Im Januar lag die Inflation bei 4,9 Prozent. Lebensmittel verteuerten sich um mehr als zehn Prozent. Die Regierung versucht unter anderem mit der Festsetzung von Fixpreisen auf Grundnahrungsmittel gegenzusteuern.



Sorgen bereitet der kommunistischen Führung insbesondere die andauernde Trockenheit im Nordosten des Landes. In Chinas Kornkammer ist seit fünf Monaten kein Niederschlag mehr gefallen. Bleibt er auch in den kommenden Wochen aus, droht China die schlimmste Dürre seit 60 Jahren.