Vertreter der Evangelischen Kirche kritisieren Halloween-Kult

Budenzauber der Spaßgesellschaft

Die Evangelische Kirche feiert heute aus Anlass des Thesenanschlags Martin Luthers in Wittenberg den Reformationstag. Gleichzeitig freuen sich Millionen Menschen weltweit über Halloween-Feiern. Bei der Evangelischen Kirche hält sich die Freude darüber wiederum in Grenzen.

 (DR)

Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann hält den importierten Brauch für einen Ausdruck der Spaßgesellschaft. "Es ist schon der Versuch, abzulenken von den ernsten Fragen des Lebens", sagte Käßmann am Freitag dem Deutschlandfunk. Viele sprächen inzwischen von einer Karnevalisierung der deutschen Gesellschaft. Es sei anstrengender, sich mit der Reformation auseinanderzusetzen, als um einen Kürbis herum zu tanzen, sagte die Bischöfin.

Man könne sich aber wegen vermeintlicher Kopflastigkeit nicht anbiedern und einen auf "Christentum light" machen, damit es leichter zu schlucken sei. Sie sei auch davon überzeugt, dass Menschen ihren Glauben nicht nur mit dem Kopf, sondern allen Sinnen leben wollten. "Da müssen wir eine gute Balance finden", sagte Käßmann.

"Die Kulturleistung Luthers mehr beachten"
Sie wünsche sich vor allem, dass die Kulturleistung Martin Luthers mehr beachtet werde. "Es ist natürlich ein Trauerspiel für mich, dass im Land der Reformation, wo Weltgeschichte geschrieben wurde, Menschen überhaupt nicht mehr wissen, was da geschehen ist vor fast 500 Jahren", sagte die Bischöfin der mit mehr als drei Millionen Mitgliedern größten evangelischen Landeskirche in Deutschland.

Luther habe nicht nur die Bibel in die deutsche Sprache übersetzt, sondern auch Fürsten aufgefordert, Schulen zu gründen für Mädchen und Jungen.

Huber: Halloween ist "Budenzauber"
Der Kürbiskult «Halloween» am Reformationstag ist nach Ansicht des EKD-Ratsvorsitzenden Bischof Wolfgang Huber ein «Budenzauber ohne wirklichen Inhalt». «Hallo Luther» sei besser als «Halloween», weil Feste einen bestimmten Inhalt bräuchten, sagte Huber am Freitag im WDR in Köln. Die evangelische Kirche feiert alljährlich am 31. Oktober aus Anlass des Thesenanschlags Martin Luthers in Wittenberg den Reformationstag.

Die Reformation als ein Ereignis des Glaubens drücke sich mit der Feier von Gottesdiensten natürlich anders aus als ein Spektakel im Halbdunkeln, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Mit der Forderung nach Süßes und Saures durch die Straßen zu ziehen, fasziniere besonders Kinder und Jugendliche.

Appell an Politiker
Die Möglichkeiten der gottesdienstlichen Gestaltung seien in den ostdeutschen Bundesländern, in denen der Reformationstag ein staatlich geschützter Feiertag ist, anders als in den westdeutschen Bundesländern, räumte der Berliner Bischof ein. Doch auch im Westen Deutschlands, wo der 31. Oktober ein normaler Arbeitstag ist, seien das Verständnis und der Sinn für den Reformationstag wieder gewachsen. Auch das neue Interesse für die Stätten der Reformation wie Wittenberg, wo Luther 1517 die 95 Thesen an das Tor der Schlosskirche schlug, hängt nach Ansicht von Huber mit einer wachsenden Aufmerksamkeit im Umkreis des Reformationstages zusammen.

Der EKD-Ratsvorsitzende appellierte an die Politiker, den Reformationstag wieder staatlich anzuerkennen und zu schützen. Das Beispiel Chile, wo der Reformationstag in den letzten Jahren anerkannt worden ist, zeige die Tragweite der Debatte. Die evangelische Kirche sei nie mit dem Wegfall des Buß- und Bettages zur Finanzierung der Pflegeversicherung einverstanden gewesen, betonte Huber.