Ein Jahr nach der Amazonas-Synode der katholischen Kirche im Vatikan haben mehrere deutschsprachige Teilnehmer eine überwiegend positive Bilanz gezogen. Die Indigenen und alle anderen Menschen aus der Amazonas-Region fühlten sich gestärkt und hätten ein neues Selbstbewusstsein entwickelt, erklärte der deutsche Bischof Johannes Bahlmann aus Obidos in Brasilien. Er nahm am Dienstagabend an einer Videokonferenz der Hilfswerke Misereor und Adveniat teil.
Ordensfrau: "Viele positive Signale"
Innerkirchlich sei es erfreulich, dass Frauen und Indigene in Lateinamerika inzwischen stärker beteiligt würden, betonte Schwester Birgit Weiler aus Peru. Wichtig sei aber, dass sie nicht nur beraten dürften, sondern auch mitentscheiden. Hier gebe es viele positive Signale, so die Ordensfrau, und sie hoffe sehr, dass diese auch weiter in die Tat umgesetzt würden.
Als Folge der Synode seien in der Amazonas-Region neue Netzwerke entstanden, ergänzte der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Michael Heinz. Und anders als in Deutschland, wo Papiere oft "abgeheftet und schnell vergessen werden", seien die Synodendokumente in Lateinamerika viel diskutiert und "mit Leben erfüllt" worden.
Was kann die Kirche in Deutschland von der Amazonassynode lernen?
Zusätzlich zur bisherigen Option für die Armen und für die Jugend sei außerdem eine "Option für die Schöpfung und für die Indigenen" dazugekommen, so der Ordensmann. Adveniat und die Kirche in Deutschland sollten dies unterstützen. Außerdem könne man "als synodale Kirche in Deutschland davon lernen und der Kirche ein amazonisches Gesicht geben".
Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel verwies auf aktuelle Debatten über das EU-Mercosur-Abkommen zu Handelsbeziehungen mit südamerikanischen Ländern. Dass hier Fragen nach Umweltstandards, Menschenrechten und demokratischer Kontrolle eine entscheidende Rolle spielten, könne man auch als Beispiel dafür ansehen, was konkret aus den Debatten bei der Amazonas-Synode folgen könne.
Befreiungstheologe kritisiert traditionalistische Tendenzen
Eher kritisch äußerte sich der Befreiungstheologe Paulo Suess. In den Debatten bei der Synode habe es eine große Offenheit für echte Reformen gegeben, doch am Ende hätten sich "Traditionalisten" durchgesetzt, die möglichst wenig Veränderung wollten. Sie hätten den Papst "in die Ecke gedrängt" und ihm sogar Spaltungsabsichten und Häresien, also Irrlehren, vorgeworfen. Infolgedessen habe sich Franziskus im Schlussdokument zur Synode "doch sehr zurückgehalten".