Corona habe bestehende soziale Ungerechtigkeiten und Schieflagen deutlicher ins Bewusstsein gebracht, sagte Caritas-Präsident Peter Neher der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg. So seien viele Menschen, die vor Corona gerade so mit ihrem Einkommen leben konnten, durch die Pandemie in Notlagen geraten.
"Und wir haben auf dramatische Weise erlebt, dass eine funktionierende soziale Infrastruktur die Voraussetzung dafür ist, dass Menschen in schwierigen Zeiten durchkommen", so Neher. Caritas, Diakonie und andere freie, gemeinnützige Träger im Sozialbereich seien dabei "eine entscheidende und tragende Säule" gewesen.
Sorge um Folgen eines harten Sparkurses
Besorgt zeigte sich Neher, dass die Politik nach dem Ende der Pandemie einen harten Sparkurs in Reaktion auf die hohen Staatsausgaben der vergangenen Monate einschlagen könnte. Es brauche politische Antworten auf die Frage, wie die in der Pandemie entstandenen finanziellen Lasten getragen werden können, so Neher.
Gerade im Sozialbereich zu streichen, wäre aber falsch, sagte Neher. "Es hätte ernste Folgen, die soziale Infrastruktur zu gefährden oder sogar zu beschädigen, die gerade bei der Bewältigung der Krise maßgeblich war. Wir werden diese Debatten führen müssen, davon bin ich überzeugt. Aber Caritas und Diakonie und andere Leistungsträger des Sozialstaats werden sich vehement dagegen stellen."
Wohnungsmarkt im Fokus
Zugleich wende sich die Caritas-Kampagne gegen gesellschaftliche Polarisierungen, kündigte Neher an. Sorge mache beispielsweise "eine vielerorts zu beobachtende Segregation von Wohn- und Lebensräumen, durch die eine mangelnde soziale Vielfalt entsteht".
Es sei eine falsche Entwicklung, "wenn gut situierte Menschen immer mehr in eigenen Wohnvierteln wohnen und ihre Kinder in Kitas und Schulen gehen, wo sie niemandem aus anderen Lebenssituationen begegnen können".
Neher will sich weiter für soziale Gerechtigkeit einsetzen
Im Blick auf die Zielgerade seiner Ende des Jahres endenden Amtszeit als Caritas-Präsident sagte Neher, er wolle sich im Sinne der Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus vor allem für eine sozial gerechte Klimapolitik einsetzen.
"Ökologie und soziale Gerechtigkeit gehören zwingend zusammen, damit in Deutschland der notwendige gesellschaftliche Konsens beim Klimaschutz erreicht wird."
In der politischen Debatte, vor allem im Bundestagswahlkampf, werde er deutlich machen, dass es in Deutschland "keinen Platz für Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung" geben darf.