Vielfaches Gedenken an Holocaust-Opfer in NRW

Mahnwachen, Gottesdienste und Lesungen

Mit Vorträgen, Filmen, Mahnwachen und Gottesdiensten wird am diesjährigen Holocaust-Gedenktag, dem 27. Januar, in vielen Städten in NRW der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Kommunen, Museen, Initiativen und NS-Gedenkstätten erinnern an diesem Tag an die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz vor 65 Jahren.

 (DR)

Unter dem Motto «Schwierige Adressen» veranstaltet etwa die Begegnungsstätte Alte Synagoge in Wuppertal am Vorabend des Holocaust-Gedenktags einen Gang zu den früheren Wohnorten ermordeter Jüdinnen und Juden in Elberfeld. In der Pax Christi Kirche in Essen findet am Abend des Gedenktags ein Pontifikalamt mit dem pax christi-Präsidenten, dem Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen, statt. In Bielefeld laden Vereine und Initiativen zur Lesung der Namen der über 200 Ermordeten am Mahnmal vor dem Hauptbahnhof ein. In Gelsenkirchen findet eine Gedenkveranstaltung mit anschließendem Schweigemarsch zum Güterbahnhof statt. Dort fand am 27. Januar 1942 der erste Deportations-Transport statt.

In Billerbeck im Kreis Coesfeld wird am Holocaust-Gedenktag die Städtische Realschule in Geschwister-Eichenwald-Realschule umbenannt. Nach einem Gottesdienst steht nach Angaben von Schulleiterin Barbara van der Wielen ein Festakt in der Schule an. Die Festrede wird Gertrude Schneider aus New York halten, eine Überlebende des Rigaer Ghettos, in dem auch die Geschwister Eva und Rolf-Dieter Eichenwald interniert waren, nach denen sich die Schule jetzt benennt.

Im Düsseldorfer Palais Wittgenstein liest die Schauspielerin Andrea Sawatzki aus dem erschütternden Bericht der jüdischen Ärztin Sima Vaisman «In Auschwitz», der 2008 zum ersten Mal in deutscher Sprache im Düsseldorfer Lilienfeld-Verlag erschienen ist. Er schildert eindrucksvoll die letzten Wochen des Vernichtungslagers und dessen dramatische Befreiung. Die Lesung ist eine gemeinsame Veranstaltung von Mahn- und Gedenkstätte, Heinrich-Heine-Institut und weiteren Kooperationspartnern.

Im Rathaus der Reviermetropole Dortmund findet am 27. Januar eine Forums-Veranstaltung statt unter dem Titel «Auschwitz droht zu verfallen. Verfällt damit auch die Erinnerung?» Referent ist der Soziologe Harald Welzer, dessen Vortrag durch Diebstahl des zynischen Eingangs-Spruchs über dem Haupttor des ehemaligen KZ, «Arbeit macht frei», ungeahnte Aktualität erhielt. Welzer wird sich kritisch mit ritualisiertem Gedenken auseinandersetzen und Ausblicke auf eine zukünftige Erinnerung für nachfolgende Generationen geben, für die eine direkte Begegnung mit den Zeitzeugen nicht mehr möglich ist.
Veranstalter sind neben der Volkshochschule die Evangelische Akademie Villigst sowie die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache.

Ganz anders gedenkt das Jüdische Museum Westfalen in Dorsten am 27. Januar der Opfer. «Liebesbriefe an Hitler. Dokumente aus der Reichskanzlei», heißt die Szenische Lesung mit dem Landestheater Burghofbühne Dinslaken. «Obszön ist nicht der Inhalt. Obszön sind die Umstände, unter denen diese brieflichen Herzensergießungen entstanden - Dokumente von grausiger Verblendung», erläutern die Veranstalter.

Die Liebesbriefe an Hitler wurden in Deutschland von dem Frankfurter Politologen Helmut Ulshöfer in Zusammenarbeit mit W.C. Emker herausgegeben, der diese Briefe 1945 als US-amerikanischer Soldat aus den Trümmern der Reichskanzlei barg.

Bereits am Samstag hatte in der evangelische Lukas-Kirche in Bonn die Jugendoper «Die Mädchen von Theresienstadt» Premiere. Das Auftragswerk des Philharmonischen Chors der Stadt Bonn erzählt die Geschichte einer Gruppe junger Mädchen in dem Konzentrationslager. Das Stück handelt vom Leben im KZ zwischen Angst und Hoffnung auf der einen Seite und der Freude an der Musik, die das Leben im Lager erträglicher macht.

Ebenfalls seit Samstag sind im Kölner NS-Dokumentationszentrum unter dem Titel «Erinnern - Eine Brücke in die Zukunft» Arbeiten von Schülern und Jugendlichen zu sehen, die für den Gedenktag 2010 produziert wurden und sich mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen.