Über 40.000 Unterschriften hat die "Volksinitiative für die Aufnahme eines Gottesbegriffs in die schleswig-holsteinische Landesverfassung" gesammelt - damit muss sich der Landtag wieder mit dem Thema befassen. In einem ersten Schritt sprachen am Dienstag drei Vertrauenspersonen der überkonfessionellen Gruppe vor dem Petitionsausschuss des Parlaments. Eine Entscheidung gab es dabei nicht, aber die Leiterin des katholischen Büros Schleswig-Holstein, Beate Bäumer, nannte es dennoch einen "wichtigen Meilenstein". "Das, worauf es eigentlich ankommt, geschieht ja ohnehin unsichtbar - in den Köpfen", sagte sie im Anschluss. Im Parlament müssten zwei Drittel der 69 Abgeordneten für die Verfassungsänderung stimmen.
Ehemaliger Ministerpräsident Carstensen unterstützt Initiative
"Für mich ist das durchaus eine persönliche Diskussion gewesen: Soll jemand, der 30 Jahre Parlamentarier gewesen ist, mit einer Initiative einen Beschluss des Parlament umstoßen?", fragte Peter Harry Carstensen. Der CDU-Politiker und ehemalige Ministerpräsident Schleswig-Holsteins gehört - wie auch der Ex-Ministerpräsident Björn Engholm von der SPD - der Initiative an und trat als erster Sprecher für die Gruppe auf.
Er erinnerte aber an das Beispiel Niedersachsens, in dessen Verfassung anfangs ein Gottesbegriff ebenfalls abgelehnt und erst durch eine Volksinitiative aufgenommen wurde. Carstensen verwies auch auf die Gottesformel im Grundgesetz, die nach den Erfahrungen der NS-Zeit aufgenommen wurde. Auch wenn es "für Norddeutsche schwer sei, das Wort 'Gott' über die Lippen zu bekommen, sei es wichtig, bei politischen Entscheidungen einen Kompass zu haben. "Und für mich ist das Gott", so Carstensen. Es sei aber wichtig, nicht die zu vergessen, die nicht an Gott glaubten.
"Anti-Hybrisformel"
Begleitet wurde Carstensen von zwei Mitstreitern der Volksinitiative, Fatih Mutlu, Vorsitzender der Vorsitzender der Schura Schleswig-Holstein, und Bernhard Schwichtenberg, Künstler und emeritierter Professor der Muthesius-Kunsthochschule in Kiel. Schwichtenberg nannte den Bezug auf Gott eine "Anti-Hybrisformel", die daran erinnere, wie klein der Mensch sei. Sicher seien verschiedene Formulierungen notwendig, aber "etwas Besseres als Gott ist uns nicht eingefallen".
Die Initiative hatte vor kurzem eine eigenen Vorschlag für den Text gemacht: "In Achtung der Verantwortung vor Gott und anderen Quellen gemeinsamer Werte". Diese Botschaft schließe niemanden aus, sondern verankere die gegenseitige Toleranz von gläubigen und religiös ungebundenen Menschen in der Verfassung, so Frank Zabel von der evangelischen Nordkirche.
Neue Debatte im Parlament wahrscheinlich
Als nächsten Schritt muss der Landtag formal zunächst den Antrag der Volksinitiative zur Kenntnis nehmen. Streng juristisch würde das ausreichen - darauf wies der SPD-Abgeordnete Bernd Heinemann hin: "Wir könnten beschließen, uns nicht zu befassen, oder es an einen Ausschuss überweisen." Doch sehr wahrscheinlich wird es eine erneute Debatte im Parlament geben. Bereits im Jahr 2014, vor der Änderung der Landesverfassung, hatte es rund um den Gottesbezug eine breite Diskussion und verschiedene Formulierungsvorschläge gegeben, die von einzelnen Abgeordneten oder Gruppen von Parlamentariern verschiedener Fraktionen vorgetragen wurden.
Ob aber bei einer erneuten Abstimmung ein anderes Ergebnis herauskommt, ist unklar. In allen Fraktionen mit Ausnahme der CDU, die geschlossen für den Gottesbegriff eintritt, gibt es Befürworter wie Gegner einer solchen Formulierung.