Volkstrauertag: Erinnerung an Kriegstote & Opfer der Gewalt

Versöhnung über Gräbern

Heute ist Volkstrauertag, und die Deutschen gedenken der Millionen Kriegstoten. Ein stiller Tag, mit dessen Ritualen viele Bürger wenig anfangen können.

Kriegsgräberstätte (dpa)
Kriegsgräberstätte / ( dpa )

Markus Meckel ist seit Mitte Oktober Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der den Tag mit einer zentralen Feierstunde im Deutschen Bundestag gestaltet. "Mein Vater war Offizier der Wehrmacht in Russland und ist erst 1949 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt", so begründet der 61-jährige evangelische Pfarrer sein persönliches Engagement für den Volksbund, der in 45 Staaten 832 Kriegsgräberstätten mit über 2,5 Millionen Kriegstoten betreut. Bei aller Dankbarkeit darüber, dass Deutschland von den Alliierten befreit worden sei, müsse man sich klar machen, welche Schicksale die Betroffenen durchlitten hätten. "Gerade jungen Menschen kann man deutlich machen, dass die Soldaten aller Seiten oft in ihrem Alter waren, als sie verwundet wurden oder gefallen sind."

Versöhnung über  Gräbern

Der SPD-Politiker, der 1990 letzter Außenminister der in Auflösung befindlichen DDR war, nennt aber auch politische Gründe: Gerade bei Kontakten nach Polen, Russland und in die baltischen Staaten merke man, wie sehr die politischen Beziehungen noch durch die Erinnerung an die Kriege geprägt seien. "Wir Deutschen haben in zwei Weltkriegen ganz Europa mit Gräbern überzogen. Da ist es ein faszinierender Gedanke, dass diese Gräberfelder heute Stätten der Versöhnung sein können."

Warnung vor rechter Umwertung

Das sehen allerdings nicht alle so: Im vergangenen November sah sich der Volksbund aufgefordert, vor einer Umwertung des Volkstrauertags durch Rechtsextremisten zu warnen. Ihre Aufrufe zum sogenannten "Heldengedenken" seien eine Verhöhnung der gefallenen Soldaten und aller Verfolgten des Naziregimes, hieß es.

Eine heikle Aufgabe

1954 hatte die Bundesregierung den Volksbund mit der heiklen Aufgabe betraut, die Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland zu erfassen, zu erhalten und zu pflegen. Neben den Anlagen des 1. und 2.
Weltkriegs befinden sich auch die Denkmäler und Friedhöfe des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 und des Deutsch-Dänischen Kriegs von 1864 unter der Obhut des Volksbundes.

Ziel: Bis 2015 Arbeiten abschließen

Gerade auf dem Balkan und in Osteuropa kommen immer noch neue Stätten hinzu. Erst im Sommer wurden die Arbeiten an der Kriegsgräberstätte Duchowschtschina im Smolensker Gebiet als das letzte große Bauprojekt in Russland abgeschlossen. Vor allem in der Ukraine, im Baltikum und Russland gebe es noch viele kleine Grabanlagen deutscher Soldaten, berichtet Meckel. Um ein würdiges und dauerhaftes Totengedenken zu ermöglichen, müssten diese kleinen Anlagen aufgelöst und die Toten in zentrale Kriegsgräberstätten umgebettet werden. Auch in Bosnien-Herzegowina und Mazedonien sollten zentrale Kriegsgräberstätten errichtet werden. Ziel des Volksbundes ist es, bis 2015 die Ausbauarbeiten auf Friedhöfen des 2. Weltkrieges in Ost- und Südosteuropa abzuschließen.

Workcamps auf Soldatenfriedhöfen

Mit wachsender zeitlicher Distanz wird das Gedenken immer schwieriger. Allerdings versucht der Volksbund, durch Workcamps auf europäischen Soldatenfriedhöfen Jugendliche anzusprechen. Jedes Jahr engagieren sich dabei laut Meckel zwischen 15- und 20.000 Jugendliche. "Wer einmal solche riesigen Gräberfelder gesehen hat, der wird nicht so leicht europamüde; der merkt, wie wichtig das Engagement für Frieden und Europa ist", ist sich der SPD-Politiker sicher.

Erinnerung aus europäischer Perspektive

Möglich, dass die historischen Gedenktage des kommenden Jahres die Bedeutung der Kriegsgräber noch einmal hervorheben: 100 Jahre Erster Weltkrieg, 75 Jahre Zweiter Weltkrieg - Meckel liegt daran, dass das Gedenken sich nicht auf die deutsche Perspektive beschränkt, sondern "dass wir aus europäischer Perspektive erinnern". Auch den Volkstrauertag im kommenden November möchte der 61-Jährige gern mit großer internationaler Beteiligung begehen.

 

Markus Meckel (dpa)
Markus Meckel / ( dpa )
Quelle:
KNA