Doku über das englische Fußballidol Bert Trautmann in der ARD

Vom Hitlerjungen zum Goalkeeper

Sportreporter von Radio Bremen begeben sich auf Spurensuche in die 1950er Jahre und befragen Wegbegleiter der englischen Torwartlegende Bert Trautmann, der als Ex-Nazi zum Idol im Land des früheren Kriegsgegners wurde.

Autor/in:
Heide-Marie Göbbel
Szene des TV-Spielfilms "Trautmann" ( Adrian Monaghan/British Film/Zephyr Films/Lieblingsfilm/Degeto/ARD) (dpa)
Szene des TV-Spielfilms "Trautmann" ( Adrian Monaghan/British Film/Zephyr Films/Lieblingsfilm/Degeto/ARD) / ( dpa )

"Bernhard 'Bert' Trautmann ist bis heute einer der beliebtesten und bekanntesten Fußballspieler Englands", so die Einschätzung von Jan-Dirk Bruns und Janos Kereszti von Radio Bremen.

Wie es dazu kam und wie der Ex-Wehrmachtssoldat und britische Kriegsgefangene mit Fragen von Schuld und Sühne umging, erzählen Menschen, die ihm nahestanden, sowie seine Biografin Catrine Clay in der Dokumentation "Vom Nazi zum englischen Fußballidol - Die Torwartlegende Bert Trautmann".

Der halbstündige Beitrag folgt direkt auf den Kinofilm "Trautmann" von 2018. Das Erste strahlt die Dokumentation am 5. Juli um 22.05 Uhr aus. Im englischen Pokalfinale von 1956 wurde Bert Trautmann zur Fußballerlegende.

"Ich habe im Unterbewusstsein gespielt"

Trotz einer schweren Verletzung, die sich später als Genickbruch herausstellte, spielte er das Spiel zu Ende und setzte sich damit ein Denkmal in der Geschichte des Sports. "Man tut, was man tun kann", sagt Trautmann dazu im Film: "Ich habe im Unterbewusstsein gespielt."

Später im Fernsehen habe er natürlich gesehen, was passiert war. Die Dokumentarfilmer zeigen auch die Gala zum Kinofilm "Trautmann", als Macher und Sponsoren über den - in den Vereinsfarben von Manchester City gehaltenen - hellblauen Teppich schritten.

Lob von Jürgen Klinsmann

Was Trautmann geleistet habe, auch außerhalb des Platzes, das könne kein Mensch in Worte fassen, findet Jürgen Klinsmann, englischer Fußballer des Jahres 1995. "Ich glaube, der englische Fan möchte sehen, dass du alles gibst, was du hast. Er will komplette Aufopferung für seine Mannschaft."

 Wenn man dann ein paar Fehler mache, sei das kein Problem. Bernhard Carl "Bert" Trautmann, 1923 in Bremen geboren und 2013 im spanischen La Llosa gestorben, war dreimal verheiratet und hatte drei Söhne. Der erste, John, kam bei einem tragischen Unfall ums Leben.

Bert Trautmann galt als einer der besten Torhüter der Welt. Er war Soldat im Zweiten Weltkrieg im Osten und zuletzt Fallschirmjäger an der Westfront, wo er gegen Kriegsende von britischen Truppen gefangen genommen wurde. Er blieb nach seiner Freilassung 1948 in England und unterschrieb 1949 einen Vertrag mit Manchester City.

"Was für eine Energie", sagt seine Biografin Clay bewundernd beim Ansehen alter Schwarzweißfilme. Und weiter: "Was ihn zum perfekten Hitlerjungen machte, machte ihn auch zum perfekten englischen Goalkeeper".

Mit dem Ledergürtel festgeschnallt auf Bäumen geschlafen

Trautmann vertraute Clay auch an, dass er sich schuldig fühle wegen seiner Nazi-Vergangenheit. Er habe schreckliche Dinge in Russland erlebt und nur mit seinem Ledergürtel festgeschnallt auf Bäumen geschlafen, damit ihn die Partisanen nicht umbringen.

Aber natürlich war klar, kommentiert Clay im Film, dass er ähnliche Dinge getan hätte. "Er hat sehr oft den Satz gesagt: Wir hatten keine andere Wahl", erzählt auch der "Trautmann"-Regisseur Marcus Rosenmüller.

Gegen die Entscheidung des Clubs, einen früheren deutschen Fallschirmjäger aufzustellen, demonstrierten anfangs in Manchester über 20.000 Menschen. Erst ein offener Brief des jüdischen Rabbis Alexander Altmann beruhigte die Gemüter, erzählen die Dokumentarfilmer:

Jüdische Gemeinde sieht Trautmann nicht als Nazi

Leslie Wertheimer, Mitglied der jüdischen Gemeinde in Manchester, schrieb, dass "die Juden hier ihn zwar als ehemaligen Soldaten betrachtet haben, aber nicht als Nazi. Er war ein toller Spieler und ein bescheidener, freundlicher Mann." 

Bruns und Kereszti, Sportreporter des Regionalmagazins "Buten und Binnen" von Radio Bremen, erzählen in ihrer Dokumentation angeregt, wie Trautmann und die Engländer sich über den Sport und die entschiedene Haltung des Torwarts annäherten, und wie es möglich war, dass ein ehemals "überzeugter Nazi", als der er im Kriegsgefangenenlager eingestuft worden war, im Land eines ehemaligen Kriegsgegners eine zweite Chance bekam.

Eine spannende und bewegende Dokumentation, die zeigt, was der englische Fußball in den 1950er Jahren einmal war.


WM-Ball auf dem Rasen / © Jussi Nukari (dpa)
WM-Ball auf dem Rasen / © Jussi Nukari ( dpa )
Quelle:
KNA