Experten beleuchten Möglichkeiten katholischer Synodalität

Vom Nachholbedarf der katholischen Kirche

Über die "Macht" in der katholischen Kirche wird viel diskutiert: Mehr Mitbestimmungsrechte für Nicht-Kleriker lautet die zentrale Forderung. Doch wie geht "Synodalität" ganz konkret - das beleuchtete jetzt eine Tagung.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Synodaler Weg / © Ottersbach (DR)
Synodaler Weg / © Ottersbach ( DR )

"Synodalität" ist gegenwärtig das Zauberwort vieler in der katholischen Kirche. Papst Franziskus spricht seit einiger Zeit immer wieder von "synodaler Kirche", in Deutschland haben sich Bischöfe und Laien auf den "Synodalen Weg" gemacht, um Reformmöglichkeiten auszuloten, und im Herbst 2022 ist in Rom eine Bischofssynode zum Thema "Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission" geplant.

Genau definiert ist "Synodalität" bei näherer Betrachtung nicht, die Word-Rechtschreibprüfung kennt das Wort nicht und doch ist es ungemein positiv aufgeladen. Zugleich bringt der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers für viele Gläubige auf den Punkt: "Bei der Synodalität haben wir als katholische Kirche wahrlich Nachholbedarf."

Bischofswahl in Sankt Gallen als Beispiel für Partizipation von Gläubigen

Bei einer Online-Tagung der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen am Freitag zum Thema "Voll(e) Macht. Kirchliche Synodalität im 21. Jahrhundert" eröffnet er damit das Feld für einen Experten-Diskurs über die Möglichkeiten, Chancen und Grenzen von Mitwirkungsrechten in der katholischen Kirche. Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert macht die Vorzüge von Partizipation aus politischer Sicht deutlich: "Überall da, wo es um einen Interessensausgleich geht, sind demokratische Entscheidungsprozesse allen anderen überlegen."

Zugleich betont er: "Durch die Eröffnung der Mitwirkung von Vielen werden Entscheidungsprozesse komplexer und länger und führen häufig zu Kompromisslösungen. Jedoch wird dadurch auch regelmäßig die Urteilsfähigkeit im jeweiligen Sachverhalt erhöht und das Fehlerrisiko gesenkt." Bei autoritären Entscheidungsprozessen sei das eher umgekehrt, so Lammert. Freilich müsse immer auch ausgelotet werden, welches Beteiligungsformat das passendste ist. Das könne sachlich begründet divergieren.

Als konkretes Beispiel kommt bei Tagung mehrfach die Mitwirkung bei Bischofswahlen auf. Der Münchner Kirchenhistoriker Franz Xaver Bischof zeigt in einem historischen Abriss, wie ein in der Antike komplexes, breit angelegtes Verfahren zur Bestellung von Bischöfen im Zuge einer "Klerikalisierung der westlichen Kirche" im Mittelalter schließlich zum Ausschluss der Laien bei der Wahl führt. Anhand der Bischofswahl 2006 im schweizerischen Sankt Gallen belegt er, wie mehr Einbindung von Gläubigen schon jetzt möglich ist. Mit Blick auf die gegenwärtige Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise der Kirche mahnt der Historiker: "Heute geht es dringender denn je darum, Bischöfe zu haben, die authentisch sind und sich der Synodalität verpflichtet fühlen."

Dogmatikerin: Bisher gute Erfahrungen mit Synodalem Weg

Die Gräben, die jedoch beim Thema Synodalität zwischen Idee und Wirklichkeit klaffen, beschreibt die Regensburger Kirchenrechtlerin Sabine Demel: "Kirche als geschwisterliche Gemeinschaft verlangt, wenn man es wirklich ernst nimmt, struktuelle Gleichheit im Zugang zu Ämtern und Diensten - das ist aber nicht die Realität der Kirche, sondern es gibt eine einseitige Machtstellung der Kleriker." Gleichwohl sieht Demel bereits jetzt Möglichkeiten, eine "klerikale Privilegierung" sofort und ohne Gesetzesänderung abzubauen.

Freiwillige Selbstverpflichtungen sind offenbar das Mittel der Wahl: So schlägt sie eine freiwillige Bindung von Bischof und Priestern an den "Rat des Gottesvolkes" vor. Erprobt wird dies etwa im Bistum Hildesheim, wo Bischof Heiner Wilmer ein solches, ihn beratendes Gremium eingesetzt hat. Denkbar ist laut Demel auch, dass sich Bischöfe zu einem jährlichen Rechenschaftsbericht verpflichten. Man könnte einwenden, dass solche Selbstverpflichtungen zwar "windelweich" sind, aber vielleicht auch ein Prüfstein, wie ernst es Bischöfe tatsächlich mit einem Bewusstseinswandel hin zu mehr Synodalität meinen.

Auch die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop betont: "Synodalität braucht Struktur und Haltung." In Deutschland werde mit dem Synodalen Weg, dessen Mitglied sie ist, etwas Neues ausprobiert, um die nötigen Reformprozesse gemeinsam zu gestalten. "Es ist ein Experiment, bisher machen wir gute Erfahrungen damit", so Knop. "Aber wir merken auch: Wir üben noch und sind erst am Anfang. Ein Gespräch auf Augenhöhe zwischen Bischöfen und so genannten Laien ist noch nicht selbstverständlich."

Synodaler Weg

Der Begriff "Synodaler Weg" verweist auf das griechische Wort Synode. Es bedeutet wörtlich "Weggemeinschaft"; im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet Synode eine Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien.

Der Reformdialog Synodaler Weg dauerte von Ende 2019 bis Frühjahr 2023. Dabei berieten die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammen mit weiteren Delegierten über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland.

Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA