Sternekoch Vincent Klink über göttlichen Genuss

Vom teuersten Urlaub und günstigem Essen

Er gilt als unkonventionell, zugleich als bodenständig und ist nie um einen Spruch verlegen: Der Sternekoch Vincent Klink weiß zu unterhalten. Seit 1991 betreibt er ein Sterne-Lokal hoch über Stuttgart.

Autor/in:
Silke Uertz
Ein Koch bei der Arbeit / © REDPIXEL.PL (shutterstock)

Lässig, mit einem schwarzen Motorradhelm in derlinken Hand, betrat Vincent Klink den Eberhardsdom nahe des Stuttgarter Schlossplatzes. Dort, wo am Wochenende der Mob tobte, herrschte am Montagabend friedliches Einkaufstreiben. In der Domkirche füllten sich die im Internet vorab reservierten Plätze schnell.

Wegen der Covid19-Pandemie wurde aus der Veranstaltung der Reihe "Talk am Dom" des Katholischen Bildungswerks Stuttgart ein "Talk im Dom". Doch aufgrund des großen Zuspruchs reichten auch dort nicht die Plätze, und so wurde das Gespräch des katholischen Stadtdekans Christian Hermes mit dem 71-jährigen Starkoch live gestreamt.

Restaurant hoch über Stuttgart

Seit 1991 betreibt Klink in Panoramalage hoch über Stuttgart sein Sterne-Lokal "Wielandshöhe", direkt an der gleichnamigen Haltestelle der Zahnradbahn gelegen. Einem größeren Publikum ist Klink durch seine Auftritte im Fernsehen bekannt. Der Literatur- und Jazzfreund schreibt und gibt Bücher heraus und macht auch selbst Musik, spielt Querflöte, Bassflügelhorn und Trompete.

In Schwäbisch Gmünd wuchs der gebürtige Gießener auf, seine Schulzeit verbrachte er in einem Internat der Herz-Jesu-Missionare in Donauwörth. "Die Patres waren Vorbilder für uns" berichtete Klink. Sie hätten ihm und seinen Mitschülern beigebracht, dass "nicht der Kopf zum Löffel muss, sondern der Löffel zum Kopf". Er bekannte, er habe in der Schulzeit heimlich in der Sakristei den Messwein getestet und sei Mitglied der Marianischen Kongregation gewesen. Der Grund: "Maria war die einzige Frau, die wir richtig gekannt haben." In Donauwörth sei so schlecht gekocht worden, "dass ich unbedingt Koch werden wollte".

Gutes Essen muss nicht teuer sein

Bereits sein Vater, ein Tierarzt, sei ein Hobbykoch "der extremsten Art" gewesen. Er habe bei ihm gelernt, gutes Essen müsse nicht teuer sein. "Man kann sehr gut kochen mit wenig Geld, wenn man kochen kann", sagte Klink. Er rät dazu, früh mit dem Kochen anzufangen und Kindern Grundrezepte wie etwa Kartoffelpüree zu vermitteln.

Das Bodenständige liegt ihm am Herzen, ökologische Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung. Die EU-Agrarsubventionen bezeichnet er als "kriminelle Machenschaften", von denen das Unternehmen Tönnies nur aufgrund seiner Größe viel erhalte. Das ganze System sei verbrecherisch. Angesichts solcher Bewertungen wundert es nicht, dass Klink in seinem eigenen Restaurant ungern Funktionäre bewirtet: "Wenn man Politiker zu Gast hat, dann hat man etwas falsch gemacht."

Auch beim Besuch anderer Lokale hat Klink seine eigenen Prinzipien. So gehe er nicht gerne in ein italienisches Restaurant, wo der Mann koche. "Die Frau kocht mit Herz, und der Mann hat keine Lust", meinte er.

Restaurant muss sich nach Lockdown finanziell erholen

Mit der eigenen Frau gemeinsam kochte Klink nach eigenem Bekunden erstmals während des Lockdowns. Diese Zeit, die er mit Gartenarbeit und Musizieren verbracht habe, sei die schönste seines Lebens gewesen - "aber auch der teuerste Urlaub". Sein Restaurant brauche ein Jahr, um sich finanziell davon zu erholen. Vor Corona selbst hat Klink keine Angst, da er sich nicht erinnern kann, jemals eine Grippe oder einen Schnupfen gehabt zu haben. Das hänge wahrscheinlich mit dem guten Essen zusammen

Menschen brauchten Genuss notwendig zum Leben, stellte Stadtdekan Hermes fest. "Was uns als Menschen ausmacht, ist nicht nur das Überleben, sondern das gute Leben." Darin zeichneten sich Italiener aus, ergänzte der Sternekoch. Er kenne keinen, der Alkoholiker sei. Sie nippten schon als Kinder am Wein und könnten daher damit umgehen. Hingegen könne er mit puritanischen Ländern nichts anfangen, dort herrsche "reines Wirkungstrinken". Klink: "Genuss bedeutet ja, zu wissen, wann man aufhört."


Quelle:
KNA