J. S. Bach schrieb ganz unterschiedliche Messvertonungen

Von Kurz- und Katholischen Messen

Er gilt als DER evangelische Kirchenmusiker par excellence: J. S. Bach schrieb mehr als 400 Kantaten für den protestantischen Gottesdienst. Aber es gibt auch Vertonungen auf Latein, die wie für die katholische Eucharistiegeier komponiert erscheinen. Wie kam es dazu?

 (DR)

In Bachs umfassendem Werk finden sich vier so genannte Kurzmessen. Die komponierte Bach für den lutherischen Gottesdienst. Nach alter Tradition schrieb er sie im lateinischen Wortlaut. Latein war ja die Kirchensprache vor der Reformation gewesen. Luther lehnte diese Sprache für den Gottesdienst keineswegs ab. An hohen Feiertagen wie Weihnachten und Ostern und an wenigen anderen Sonntagen des Kirchenjahres wurde Latein für die Messe bei den Lutheranern beibehalten. Allerdings wurden nur das Kyrie und das Gloria gesungen. Deswegen umfassen die vier Messen auch nur diese Teile.

Etwas unklar ist die Bezeichnung. Die vier Kompositionen werden auch Lutherische Messen genannt – aber da Luther gemeinhin mit Deutsch als Gottesdienstsprache verbunden wird, passt der Begriff nicht.  "Missa brevis" erscheint für Bachs Kompositionen ebenso wenig passend, weil damit in katholischer Tradition in der Regel kurze Vertonungen des vollständigen Ordinariums Missae verstanden werden. "Kurzmesse" ist aber auch zweifelhaft, weil alle vier jeweils eine halbe Stunde dauern. Aber es fehlen eben auch drei wesentliche Teile. "Missa tota" bezeichnet eine Mess-Vertonung, die den kompletten Text des Ordinariums vertont. Eine solche Missa ist bei Bach nur seine berühmte h-moll-Messe.

Ähnlich wie diese große, tatsächlich katholische Messvertonung, basieren die vier Kurzmessen im erheblichen Umfang auf älteren Werken. D. h. kompositorische Grundlagen waren jeweils ältere Kompositionen, die Bach nur mit einem neuen Text versah, ohne die Musik maßgeblich zu verändern. Im Fall der vier Kurzmessen waren die Originalkompositionen allesamt Kantaten mit deutschem Text, die Bach zu einem früheren Zeitpunkt bereits geschrieben und aufgeführt hatte.

Programm:

J. S. Bach: Missa in A-Dur BWV234

Interview mit Gürzenich-Kapellmeister F. X. Roth zu Politik, Revolution und Musik

Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 3 "Eroica"