Post aus Fulda, Teil 2

Von Spatzen und Zwitscherern

Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und Weihbischöfe sind in Fulda versammelt, um wichtige Themen zu besprechen und gemeinsam Gottesdienste zu feiern. domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen ist auch vor Ort und blickt täglich hinter die Kulissen.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

Ein kleiner Spatz hat sich heute im Fuldaer Dom verirrt. Er flattert durch die hohen Lüfte des barocken Gotteshauses und hat an diesem Morgen sicherlich die schönsten Ausblicke und Perspektive. Um die schönen Bilder geht es auch den Kameraleuten, die am zweiten richtigen Arbeitstag der Deutschen Bischofskonferenz noch einmal ihre Stative aufgebaut haben, um die Bischöfe bei ihrem frühmorgendlichen Gottesdienst "einzufangen". Heute sind aber nur noch sehr wenige Journalisten vor Ort: im Vergleich zu der Pressemeute gestern nicht der Rede wert. Auch Gläubige, die zusammen mit den Bischöfen die Heilige Messe feiern wollen, sind heute nur in sehr geringer Zahl auszumachen.

Bischofskonferenzen sind hier in Fulda ganz normale Arbeitstreffen, seit 1867 treffen sich hier am Grab des Heiligen Bonifatius Deutschlands obersten Kirchenmänner in schöner Regelmäßigkeit. Dabei darf die passende musikalische Unterstützung natürlich nicht fehlen. Feierliche Trompetenklänge durchdringen das weite Kirchenrund und ziehen die Herzen der Gläubigen gen Himmel.

Der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki steht heute der Eucharistiefeier vor und übernimmt auch die Predigt. Am Gedenktag des Heiligen Nikolaus von Flüe empfiehlt er der Gemeinde, zu schweigen und tief in sich hineinzuhören, um die Stimme Gottes zu hören. Nur wer wirklich in Gott verankert sei, komme zum Kern des Lebens: "Wir sind heute einer Flut von Informationen ausgesetzt. Anforderungen, die mit unserem Alltag verbunden sind, lassen uns kaum Zeit zum Luft holen. Bruder Klaus erinnert uns, jeden Tag in die Tiefe zu gehen um Gott als Urgrund des Lebens in allem zu suchen!"

Wer rund um das abgeschirmte Tagungsgebäude die Bischöfe mit ihren Handys beobachtet, wie sie telefonieren, simsen oder surfen, der weiß, dass längst auch die Bischöfe in der Informations- und Medienwelt zuhause sind und die Anforderungen, von denen der Kardinal predigt, nur zu gut auch aus eigener Erfahrung kennen. Heute Vormittag aber dürfen die 40 anwesenden Weihbischöfe die Kardinalsempfehlung gleich in die Tat umsetzen oder die Seele ein wenig baumeln lassen. Die 27 Diözesanbischöfe sitzen bei einer Sondersitzung zusammen, um über Wohl und Wehe ihres Weltbildkonzerns zu beraten. Es geht um das in schweres Fahrwasser geratene mediale Kreuzfahrtschiff, welches gerade für die Fahrt ins digitale Internetzeitalter umgerüstet und flott gemacht wird. Auch die Sorge um zahlreiche Arbeitsplätze, für die letztendlich Mutter Kirche verantwortlich ist, muss dabei berücksichtigt werden. Da möchte manch ein Bischof vielleicht jetzt doch lieber wieder Weihbischof sein? Diese Frage verneint der medienoffene Hamburger Weihbischof Jaschke: "Ich hätte mich da schon deutlich zu Wort gemeldet!", lacht er. So kennt man ihn, nicht nur an diesem Vormittag, wo die Sonne über Fulda sich noch nicht so richtig entscheiden kann, ob sie das Treffen der Bischöfe erstrahlen lässt, oder doch eher im Verborgen der Sache dient.

Richtungsweisende Entscheidungen könnten auch in den Fragen des von den Bischöfen angestoßenen Dialogprozesses hilfreich sein. Wie man hört, tun sich die Oberhirten hier schwer, den richtigen Weg zu finden. Man ringt um Reformen, z.B. in den Fragen bei den Sakramenten für die Wiederverheirateten und Geschiedenen. Die einen drängen, die anderen wollen sich nicht drängen lassen. Schade nur, dass man den großen Tagesheiligen und Mystiker des Spätmittelalters Bruder Klaus in seiner Ranft tief unten in der Schweizer Schlucht nicht mehr fragen kann. Der hatte sich nach langem Ringen und mit Zustimmung seiner Frau von ihr und den 10 Kindern getrennt, um in größter Einsamkeit Gott ganz nahe zu sein. (Auf das eucharistische Mahl hat er dabei übrigens, trotz allen Fastens, niemals verzichtet …)

Heute ist der Weg zu Heiligkeit bestimmt nicht einfacher als damals. Für Christen und Bischöfe mag es aber vielleicht schon ausreichen, wenn man sich einfach immer wieder neu auf den Weg macht. Wenn man aufbricht und neue Wege des Lebens in Fülle sucht und mutig beschreitet. Hier in Fulda wäre nach all den Sitzungen dazu vielleicht eine sehr gute Gelegenheit. Man muss ja nicht gleich wie der kleine Spatz im Dom dabei völlig abheben und jede Orientierung verlieren …


Bischöfe in Fulda (dpa)
Bischöfe in Fulda / ( dpa )
Quelle:
DR